Was ist ein wahrer Happy Place? – Zwischen Freundschaften und Lebensentscheidungen

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sophieslesewelt Avatar

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Als ich die ersten Seiten der Leseprobe gelesen habe, habe ich mich gefragt, was ein Happy Place ist und dann habe ich mich gefragt, was wohl mein Happy Place ist. Und was meinen Happy Place ausmacht. Und nachdem ich es fertig gelesen hatte, war mir bewusst, warum diesmal der englische Originaltitel bleiben musste.
Emily Henry hat in Happy Place, anders als anfänglich erwartet, nicht nur die Second Chance Trope eingebaut, sondern auch die der Found Family und plötzlich war das Buch nicht mehr nur die Geschichte zwischen Harry und Wyn und ihrer in die Brüche gegangenen Beziehung. Es ist die Geschichte einer Freundschaftsclique, die zu einer Familie geworden sind. Cleo, Sabrina und Harriett als Kern, bevor sie durch Parth, Wyn und Kimmy ergänzt worden sind. Die Gruppe verbringt einen letzten gemeinsamen Urlaub, bevor Sabrinas Vater den gemeinsamen Happy Place, der durch zahlreiche Erinnerungen und Flashbacks erwähnt wird, verkauft. Aus Gründen müssen Wyn und Harriett, genannt Harry, noch das glückliche Paar spielen, dass sie in der Freundschaftsclique darstellen, um den Urlaub nicht zu gefährden. Und damit verfolgt man als Leser die Geschichte im Wechsel zwischen „In der Wirklichkeit“ und dem „Happy Place“ und auch wenn man manche Figuren in diesem Roman nicht ganz durchdringen kann, lernt man eine Freundesgruppe kennen, die durch dick und dünn zu gehen scheint, eine Gruppe die nicht nur eine Freundesgruppe, sondern eine Familie bildet und als jemand der „Found Family“ als Trope liebt, fand ich es schön zu sehen, wie eng und liebevoll eine Freundschaft sein kann – oder eben nicht.
Denn im Laufe des Romans merkt man, dass nicht alles so wirklich im Reinen zu sein scheint und dass die Gruppe, aber auch Wyn und Harry, ein großes Problem in ihrer Beziehung haben und hatten: Kommunikation. Denn auch wenn die Gruppe sich unterhält, sprechen sie aneinander vorbei, was schon früh im Roman auffällt, aber trotzdem nichts an der Spannung ändert, weil einige Handlungsaspekte sich erst gegen Ende des Romans klären. Emily Henry führt dabei noch einige andere Konfliktaspekte an, wie etwa verschiedene Lebensmodelle und Familienkonstellationen, verschiedene Eigen- und Fremderwartungen, aber auch die Konflikte, die damit einhergehen, dass Freundschaften sich ändern und man sich auch selbst verändert. Ich fand die Idee einer Gruppe, die sich seit Jahren kennt und zusammen in den Urlaub fährt schön und auch dass man so viele Erinnerungen und Momente miteinander geteilt hat, aber zwischendurch waren es doch einige Päckchen, die jeder aus der Freundesgruppe zu tragen hatte und dadurch wurden manche Probleme leider zu schnell abgehandelt, oder nicht näher betrachtet, was ich ein wenig schade fand.
Wyn und Harry sind sehr gegensätzlich und eigentlich mag ich das auch in Büchern, aber durch die fehlende Kommunikation und die vielen Dinge, die zwischen den Beiden stehen, habe ich mich manchmal gefragt, wie verschieden man sein kann, damit eine Beziehung dennoch funktioniert. Dennoch konnte ich den Roman nicht aus der Hand legen und war dementsprechend schnell fertig. Und doch habe ich eine Weile gebraucht, um mir über meine abschließende Meinung im Klaren zu werden, denn es gibt eine sehr überraschende Wendung im Roman, zu der ich nichts weiter ausführen werde, die für mich aber ziemlich … unrealistisch erschien. Ich wüsste nicht, ob jemand in der Wirklichkeit, wie es so schön ausgedrückt wird, so eine Entscheidung treffen würde und vielleicht gibt es Menschen, die sich so entscheiden würden, aber ich weiß es nicht. Diese Wendung und die Tatsache, dass die fehlende Kommunikation tragend in der Spannung waren, führen dazu, dass es 4 Sterne bei diesem Buch geworden sind. Ich liebe Emily Henrys Stil und „Kein Sommer ohne dich“ war ein absolutes Highlight, aber hier musste ich ein wenig abziehen. Vielleicht passt es, das ich dieses Buch während meines Urlaubs gelesen habe und mit Harry in den Flieger gestiegen bin. Eine gute Urlaubslektüre, mit kleinen Schwächen.