Weniger happy als erhofft

Voller Stern Voller Stern Leerer Stern Leerer Stern Leerer Stern
steffmcfly Avatar

Von

Seit dem College ist es Tradition, dass Harriet und ihre Freunde ein paar unbeschwerte Tage in einem Sommerhaus in Maine verbringen. Es ist der absolute Happy Place der Freunde, denn hier scheint die Welt perfekt. Auch die Liebesbeziehung zwischen Wyn und Harriet startete in Maine, doch diese ist längst nicht mehr so unantastbar wie von den Freunden gedacht, denn die beiden sind bereits seit sechs Monaten kein Paar mehr. Um die Urlaubsstimmung nicht zu verderben, halten die beiden ihr Geheimnis wohlbehütet unter beschluss und beschließen, eine Woche ihr Glück vorzugaukeln. Denn was kann daran schon so schwer sein?

Die Geschichte wird aus Harriets Perspektive erzählt und wechselt dabei zwischen der Gegenwart und der Vergangenheit, in der man die angebliche Freundschaft der Charaktere untereinander näher gebracht bekommt und auch erfährt, wie das zarte Band der Liebe zwischen Wyn und Harriet geknüpft wurde. Leider passten Vergangenheit und Gegenwart nicht wirklich zusammen für mich. Natürlich entfernen sich Freunde und das wird hier auch immer wieder erwähnt, aber wenn sich keiner mehr dem anderen nahe fühlt, warum sollten sie dann geschlossen entscheiden, dass sie eine Woche zusammen verbringen? Das macht für mich leider nicht ganz so viel Sinn, wie ich mir gerne erhofft hätte.

Ich mochte Harriet durchaus und konnte an vielen Stellen auch mit ihr mitempfinden, aber leider war sie die einzige der Charaktere, der ich mich ein wenig näher fühlen konnte. Ich hab einfach nicht verstanden, warum sie alle in einer Illusion darüber leben, die besten Freunde zu sein, die immer für einander da zu sein scheinen, aber keiner ist ehrlich zum anderen. Romane in denen Kommunikation Key wäre, die Charaktere sich aber dagegen wehren bzw. die Autor:innen es nicht für möglich halten, dieses Element zu berücksichtigen, machen mich immer ein wenig sauer. Es ist nicht nur eine Person, die mit ihren echten Empfindungen hinter dem Berg hält, nein, es sind direkt alle, was für mich einfach too much war.
Wyn hätte ich so gerne näher kennengelernt, aber erst gegen Ende schien er sich ein wenig zu öffnen bzw. die Autorin zuzulassen, dass die Leser:innen mehr von ihm zu spüren bekamen.
Auch die anderen Charaktere blieben in meinen Augen leider sehr blass. Dafür, dass sie so viel Zeit miteinander verbrachten und das auch noch auf engstem Raum, bekam man von ihnen leider erstaunlich wenig mit. Schade.

Den Schreibstil empfand ich, hingegen der Geschichte, als sehr leicht, flüssig und angenehm zu lesen.

Ich hatte mir von "Happy Place" deutlich mehr erhofft. Aufgrund des unbeschwerten Covers und des Klappentextes hatte ich einen seichten Sommerroman erwartet, gespickt mit romantischen Elementen, einem kleinen Krieseln und ganz vielen positiven Gefühlen. Was ich jedoch bekam war ein vermeintlicher "Happy Place", der sich nur dank der glücklichen Erinnerungen halten konnte, an denen sich alle wie verzweifelt versuchten, festzuhalten. Niemand wollte seinen Problemen und der inzwischen fast schon gescheiterten Freundschaft in die Augen blicken. Vielmehr hielten sich die ach so guten Freunde damit auf, Geheimnisse voreinander zu haben, obwohl sie sich schworen, die besten Freunde zu sein.
Die Atmosphäre war sehr bedrückend und somit alles andere als leicht und beschwinglich.

Ich hätte mir ein wenig mehr Leichtigkeit und weniger deprimierende Probleme erhofft, die sich gegen Ende hin ziemlich schnell in Luft auflösten, dafür, dass sie den kompletten Roman hindurch doch so unüberwindbar schienen. Schade.