Höhen und Tiefen des Vanlife sowie ein spannendes Beziehungsexperiment

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wonderland09 Avatar

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Cover:
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Das Bild wirkt im ersten Moment etwas trostlos: überall Schnee, der Van abgerutscht am Straßenrand und davor die Autorin dick in Wintersachen eingepackt und nicht glücklich aussehend. Gepaart jedoch mit dem humorvollen und glücksverheißenden Titel, vor allem mit dem leicht abgekippten "y" macht das Buch schon wieder neugierig. Es strahlt irgendwie finnischen Humor aus.

Inhalt:
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Sarah wollte sich gerade von einer langjährigen Beziehung erholen, da lernt sie im Österreich-Urlaub den Skilehrer Mathias kennen. Es funkt zwischen beiden und als Sarah erneut von Berlin zu Mathias nach Österreich reist, schauen sie gemeinsam eine Sendung über Leute, die mit einem Van durch die Gegend reisen. Spontan beschließen sie, dies auch zu versuchen. Es soll ein Abenteuer werden und gleichzeitig der Test, ob ihre Beziehung Bestand hat. Praktischerweise ist Mathias' Wagen gerade kaputt gegangen und ein neuer muss her. Also gleich mit Hilfe seines Bruders einen passenden VW-Bus besorgt, umgebaut und losgefahren.

Mein Eindruck:
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Als ich die Beschreibung las, war ich sofort gepackt. Ich fand das Beziehungsexperiment sehr spannend, zum einen sind da die "Kulturunterschiede" Österreich-Deutschland, die es zu überwinden gilt, zum anderen versprach es spannend zu werden, wie die beiden miteinander auf engstem Raum auskommen, obwohl sie sich bis dato kaum kennen.
Was mir direkt auf den ersten Seiten gut gefiel, ist die Ehrlichkeit und auch der Humor, mit dem die Autorin ihre gemeinsame Reise beschreibt. Sie romantisiert nicht, sondern schildert auch ehrlich ihre Konflikte und negativen Gefühle. Auf den ersten Blick sind die beiden wie Feuer und Wasser - chaotisch skeptisch versus organisiert optimistisch und doch oder deshalb ergänzen sie sich so gut. Allerdings haben sie trotz der anfänglichen Spontanität ihres Entschlusses doch viele Eventualitäten und Details vor der Reise miteinander besprochen.

"Uns war von Anfang an klar, dass diese Reise auch der Lackmus-Test für unsere Beziehung werden würde und wir hatten beschlossen, mit allen Mitteln ein positives Testergebnis herbeizuführen: Das hieß in erster Linie viel Kommunikation, Rücksichtnahme und Toleranz gegenüber den guten wie schlechten Angewohnheiten des jeweils anderen. " (S. 111)

Das kommt ihnen auf ihrer Reise auch zugute. Das Gleiche gilt für die Van-Ausstattung, die sie vorher genau besprochen und geplant haben. So bekommt der Leser nebenbei auch jede Menge praktische Tipps zum Thema Wäsche waschen im Van, Outdoordusche und wie man am besten dem Toilettenproblem unterwegs begegnet.

Doch auch wenn vieles vorausgeplant war, so treten auf der Reise doch ungeahnte Probleme auf, die ihre Beziehung und ihre Reisefreudigkeit auf eine harte Probe stellen, wie z. B. Mathias' Glutenunverträglichkeit, die ihm häufig Magenschmerzen beschert und schließlich die zunehmende Dunkelheit und Kälte am Nordkap, die sie fast dazu zwingen, die Reise abzubrechen. Die Schilderungen und die dazu geführten Gespräche gibt die Autorin offen wieder und lässt den Leser somit teilhaben an ihren Gefühlen. Das hat mir sehr gut gefallen, man war dadurch mittendrin im Geschehen. Zwischendurch gibt es auch immer wieder viele Momente zum Lachen, vor allem wenn Sarah die Dialoge mit ihrem "Lieblingsösterreicher" wiedergibt, wenn sie auf hochdeutsch redet und er mit seinem Dialekt kontert. Sein "Ge, Sarah, scheiß di ned oa!" Wird zum Running Gag in diesem Buch und ich kann mich jedes mal köstlich darüber amüsieren. Interessant sind auch die vielen Zufallsbekanntschaften und damit verbundenen Erlebnisse der beiden. Sarahs Beobachtungsgabe zeugt dabei von humoriger Scharfsicht und auch über ihr eigenes (Gemüts)Leben denkt sie ehrlich und ungeschönt nach.

"Diese Beobachtungen bringen mich zu der Überlegung, wo Mathias und ich auf diesem Spektrum einzuordnen sind. Irgendwo zwischen Teilzeit-Aussteigern, digital Nomads und Vollzeitreisenden, nehme ich an. Fakt ist, dass ich noch lange nicht reisemüde bin und mir dieser Lebensstil von Tag zu Tag mehr zusagt. Andererseits halte ich die Krankenversicherung für eine der bedeutendsten und wichtigsten Errungenschaften der Menschheit und meine Fähigkeiten im Jonglieren oder Seifenblasen machen sind äußerst beschränkt. Und arbeitslos könnte ich ebenfalls nicht lange sein, habe ich doch bereits auf dieser Reise gemerkt, wie viel Freude es mir bereitet, unterwegs für Zeitungen und Magazine zu schreiben" (S. 229-230)

Gut gefällt mir auch die Gestaltung und Aufteilung der Kapitel: Jedes Kapitel erzählt über einen bestimmten Ort bzw. einem bestimmten Erlebnis dort und zwischen den Kapiteln befinden sich immer wieder schöne, stimmungsvolle Fotos der Reise. Das ist schöner als bei vielen Büchern, bei denen die Fotos nur am Ende oder in der Mitte gebündelt zu finden sind. Abgerundet wird das Erzählte durch Literaturtipps am Ende, in denen man noch mehr Informationen über das Leben von Vanlifern bekommen kann. Ergänzend zum Buch kann ich auch die Homepage der beiden empfehlen, auf der man noch mehr praktische Tipps und schöne Fotos von ihren Touren zu sehen bekommt.

Fazit:
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Humorvoller und authentischer Roadtrip mit praktischen Tipps fürs Vanlife- und Beziehungs-Leben