Euphancholie

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miro76 Avatar

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"Einerseits zerreißt's dich vor Glück, gleichzeitig bist du schwermütig, weil du weißt, dass du was verlierst oder dieser Augenblick mal vorbei sein wird. Dass alles bald vorbei sein wird. Vermutlich ist die ganze scheiß Jugend Euphancholie." (S. 99)

Sam ist kurz vor seinem 16. Geburtstag. Sein einziger Freund ist weggezogen, sein Vater arbeitslos und seine Mutter leidet an einem Hirntumor. Als könnte es nicht schlimmer kommen, soll er den Sommer auch noch bei einer Tante mit ihren zwei gewalttätigen Söhnen verbringen.

Doch es kommt alles ganz anders. Ein Ferienjob im Kino der Kleinstadt rettet seine Ferien und macht diesen Sommer zum schönsten und schrecklichsten seines Lebens.

Er findet Freunde, verleibt sich und seine Mutter stirbt.

Er darf aber auch Mut beweisen, die Kraft der Freundschaft spüren und Halt in der Familie finden, wo er ihn nicht vermutet hatte. Zwischen Alkoholgelagen, Mutproben und tiefsinnigen Gesprächen wird Sam schneller erwachsen, als ihm lieb ist. Wie im Rausch surft er die Höhen des Lebens entlang, nur um sich später in den tiefsten Abgründen wiederzufinden.

Aber er ist nicht allein mit seinem Schmerz und das ist alles, was seine Mutter sich für ihn gewünscht hat.

Erzählt wird diese Geschichte als Rückblick, eingerahmt von einem Lyrikwerk, das in der Schule behandelt wird. Die Verweise auf die Gedichte geben dem Text immer wieder ein Stücken Tiefe und erweitern den Horizont des Jugendlichen.

Und Benedikt Wells versteht es großartig mit der Stimme eines Teenagers zu schreiben. Als Leser*in fühle ich mich zurückversetzt in meine Zeit, als ich mittendrin war und als viele Dinge so viel Gewicht hatten; als der Schmerz mich am Boden festnagelte und die Höhepunkte des Lebens mich zum fliegen brachten.

Hard Land ist ein wunderschönes Buch, denn Wells schreibt wie kein anderer. So viele schöne Sätze finde ich sonst selten in einem Buch. Ich mag seine einfachen Sprachbilder und die kleinen Weisheiten, die sich manchmal in Nebensätzen finden.

Und ich liebe diese Hommage an die Jugend! Die Jahre im Leben, wo alles möglich ist, alles wichtig ist - die Zeit, wo der Ball in der Luft ist.

Aber Vorsicht! Wenn sie dieses Buch lesen, könnte es sein, dass es sich so anfühlt:

"... da vergaß ich die Zeit und ließ mich mitreißen, und ich fühlte mich so, wie ich mich schon mein ganzes Leben lang fühlen wollte: übermütig und wach und mittendrin und unsterblich." (S. 192)