Innensicht der Pubertät in nuancierten Details

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
stoepfel Avatar

Von

Von vorablesen.de bzw dem Diogenes-Verlag wurde ich ausgelost, dieses Buch bereits vor Erscheinen zu lesen. Vielen Dank dafür.
Es ist bereits mein zweieinhalbtes Buch von Benedict Wells, „Vom Ende der Einsamkeit“ habe ich verschlungen, „Becks letzter Sommer“ hat mich nicht so gefesselt und mittendrin kam „Hard Land“ dazwischen. Um es – wie auch der Autor mit seinem ersten Satz im Buch – ein wenig vorweg zu nehmen: Für mich reicht „Hard Land“ nicht ganz an die „Einsamkeit“ heran, denn es gibt so ein paar Längen zwischendrin. Dies aber nur gemessen an der wirklich hohen Latte von Wells` "Einsamkeit".
„Hard Land“ erzählt aus der Ich-Perspektive von der Pubertät in einer amerikanischen Kleinstadt, wir lernen Sam, einen einsamen (der beste Freund ist weggezogen) Nerd, dem die Zahl Pi maximale Beruhigung verschafft kennen. Sein Elternhaus ist voller Liebe und dennoch problematisch. Eine an Krebs erkrankte Mutter, zu der er eine enge Beziehung hat und der arbeitslose, desinteressiert wirkende Vater, dazu die um viele Jahre ältere Schwester Jean, die aber weit weg ihrer eigenen Wege geht und nur selten von sich reden oder sehen lässt.
Sam gerät durch einen Ferienjob an drei Freunde, die kurz vor dem Abschied aus Grady stehen, weil ihre Schulzeit zu Ende ist. Und damit wird das Buch zu einem fein beobachteten Abriss der Pubertät als Abschied von der Kindheit mit all ihren Vor- und Nachteilen, verpackt in die Analogie zum Roman „Hard Land“, dessen Interpretation seit Jahren die Krönung der schulischen Ausbildung in Grady ist.
Trotz einiger Längen gelingt Wells das alles sprachlich hervorragend, mit einem guten Gespür für die Momente, in denen keine weitere Erläuterung nötig ist und man schmunzelnd direkt zum Resümee kommen kann, beispielsweise beim ersten ausufernden Alkoholkonsum Sams mit seinen Freunden. Es sind diese Kleinigkeiten, fein beobachtete alltägliche Dinge, Gefühle, allesamt nuanciert beschrieben, die das Buch zu einem guten machen. 5 Sterne, denn trotz einiger Längen ist das Buch dennoch mit seinen Details und seiner Beobachtungsgabe ein Genuss.