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néeastern Avatar

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Wenn ein Nein alles infrage stellt

„Hazel sagt Nein“ ist ein Roman, der mit einer erschütternden Prämisse beginnt und wichtige Fragen zu Macht, Zustimmung und gesellschaftlicher Verantwortung stellt. Allein die Ausgangssituation – ein Schuldirektor, der seinen Machtmissbrauch offen benennt – ist verstörend und zwingt zur Auseinandersetzung.

Besonders stark ist der Roman in der Darstellung sozialer Dynamiken: Nicht das offensichtliche Verbrechen steht im Mittelpunkt, sondern die Reaktionen der Umgebung. Wie schnell sich eine Gemeinschaft schützt, relativiert oder wegschaut, wird präzise und oft unangenehm realistisch gezeigt. Hazels Entscheidung, Nein zu sagen, wirkt dabei weniger heroisch als existenziell – ein Akt der Selbstbehauptung, der Einsamkeit nach sich zieht.

Die Figuren sind differenziert angelegt, vor allem die Familienkonstellation der Blums überzeugt durch Ambivalenz und innere Spannungen. Hazel selbst bleibt jedoch stellenweise emotional auf Distanz, was die Identifikation erschwert. Auch der angekündigte feine Humor fügt sich nicht immer organisch ein und wirkt gelegentlich deplatziert angesichts der Schwere des Themas.

Sprachlich ist der Roman klar und zugänglich, aber nicht durchgehend literarisch eindringlich. Einige Passagen hätten von mehr Verdichtung profitiert, während andere Konflikte überraschend schnell aufgelöst werden.

Fazit:
Ein wichtiges, diskussionswürdiges Debüt mit starken Beobachtungen zu Macht und Mitverantwortung, das jedoch nicht in allen Momenten seine emotionale Wirkung voll entfalten kann. Ein Buch, über das man sprechen sollte – auch wenn es literarisch nicht immer überzeugt