Hazel sagt Nein – Wenn ein großes Thema zu leicht erzählt wird
Mit Hazel sagt Nein greift Jessica Berger Gross ein hochrelevantes und notwendiges Thema auf: Machtmissbrauch, MeToo, das öffentliche Sprechen über sexuelle Gewalt und die Frage, was ein Nein gesellschaftlich auslöst. Der Roman will viel – vielleicht zu viel. Denn so überzeugend die Plotanlage ist, so zwiespältig bleibt der literarische Eindruck.
Im Zentrum steht die Familie Blum, die von New York ins ländliche Maine zieht. Gleich zu Beginn erschüttert ein Vorfall das fragile neue Leben: Die 18-jährige Hazel erlebt Machtmissbrauch durch einen angesehenen Schuldirektor. Sie möchte das Erlebte für sich behalten, doch genau das gelingt nicht. Jedes Familienmitglied glaubt, auf seine Weise richtig zu handeln – und trägt damit dazu bei, dass Hazels Geschichte öffentlich wird. Was folgt, ist weniger ein Kriminal- oder Gerichtsdrama als eine präzise Beobachtung sozialer Dynamiken: Gerüchte, Zeitungsartikel, Hassbotschaften, antisemitische Schmierereien, eine gespaltene Dorfgemeinschaft. Die Frage „Warum sollte sie lügen?“ steht ebenso im Raum wie das Bedürfnis der Gesellschaft, genau das anzunehmen.
Hazel ist als Figur glaubwürdig gezeichnet und bietet gerade für jüngere Leserinnen viel Projektionsfläche. Ihr titelgebendes „Nein“ ist kein lauter Akt der Rebellion, sondern ein mühsamer, tastender Versuch, Kontrolle über das eigene Leben zurückzugewinnen. Stark ist auch die Grundidee, die Geschichte nicht allein aus Hazels Perspektive zu erzählen. Ein Er-Sie-Erzähler wechselt kapitelweise zwischen den vier Familienmitgliedern, teils personal, teils auktorial. Dadurch entsteht ein Mosaik aus Gedanken, Schuldgefühlen und Rechtfertigungen – allerdings auf Kosten emotionaler Nähe. Als Leser:in bleibt man häufig auf Distanz, beobachtet das Geschehen „durch eine Scheibe“. Das schützt vor Überforderung, nimmt dem Text aber auch Tiefe.
Problematisch ist vor allem der Stil. Die Sprache ist locker, wenig literarisch – was sich gut liest, aber nicht immer zum Thema passt. Gerade dort, wo es schmerzlich, ambivalent oder verstörend werden müsste, bleibt der Ton zu glatt, zu wenig anspruchsvoll.
Hinzu kommt, dass der Roman thematisch stark überladen wirkt: Neben MeToo verhandelt er Antisemitismus, Medienmechanismen, moralische Schuld, Feminismus, literarische Verwertung von Trauma. Vieles davon ist wichtig, manches davon interessant – aber weniges wird wirklich vertieft. Einige Konflikte tauchen auf, nur um bald wieder zu verschwinden, andere lösen sich überraschend schnell auf. Besonders der letzte Teil wirkt deutlich leichter, fast versöhnlich, als hätte sich mit Hazels Absage (an was, wird nicht gespoilert) ein Knoten gelöst, der zuvor sorgfältiger hätte ausgearbeitet werden müssen.
So bleibt am Ende ein zwiespältiger Eindruck: Hazel sagt Nein ist ein Roman mit einem starken Plot und hohem gesellschaftlichem Anspruch. Er ist stellenweise spannend, gut lesbar und für ein jüngeres Publikum sicher wirkungsvoll. Literarisch jedoch bleibt er hinter seinen Möglichkeiten zurück. Zu viel wird angerissen, zu wenig wirklich ausgearbeitet.
Fazit:
Ein Buch zur richtigen Zeit, das Gesprächsstoff liefert und junge Leserinnen bestärken kann. Literarisch jedoch bleibt Hazel sagt Nein zu gefällig und zu überambitioniert, um nachhaltig zu überzeugen. Ein Roman, der mehr will, als er letztlich einlösen kann – und gerade deshalb diskussionswürdig ist.
Im Zentrum steht die Familie Blum, die von New York ins ländliche Maine zieht. Gleich zu Beginn erschüttert ein Vorfall das fragile neue Leben: Die 18-jährige Hazel erlebt Machtmissbrauch durch einen angesehenen Schuldirektor. Sie möchte das Erlebte für sich behalten, doch genau das gelingt nicht. Jedes Familienmitglied glaubt, auf seine Weise richtig zu handeln – und trägt damit dazu bei, dass Hazels Geschichte öffentlich wird. Was folgt, ist weniger ein Kriminal- oder Gerichtsdrama als eine präzise Beobachtung sozialer Dynamiken: Gerüchte, Zeitungsartikel, Hassbotschaften, antisemitische Schmierereien, eine gespaltene Dorfgemeinschaft. Die Frage „Warum sollte sie lügen?“ steht ebenso im Raum wie das Bedürfnis der Gesellschaft, genau das anzunehmen.
Hazel ist als Figur glaubwürdig gezeichnet und bietet gerade für jüngere Leserinnen viel Projektionsfläche. Ihr titelgebendes „Nein“ ist kein lauter Akt der Rebellion, sondern ein mühsamer, tastender Versuch, Kontrolle über das eigene Leben zurückzugewinnen. Stark ist auch die Grundidee, die Geschichte nicht allein aus Hazels Perspektive zu erzählen. Ein Er-Sie-Erzähler wechselt kapitelweise zwischen den vier Familienmitgliedern, teils personal, teils auktorial. Dadurch entsteht ein Mosaik aus Gedanken, Schuldgefühlen und Rechtfertigungen – allerdings auf Kosten emotionaler Nähe. Als Leser:in bleibt man häufig auf Distanz, beobachtet das Geschehen „durch eine Scheibe“. Das schützt vor Überforderung, nimmt dem Text aber auch Tiefe.
Problematisch ist vor allem der Stil. Die Sprache ist locker, wenig literarisch – was sich gut liest, aber nicht immer zum Thema passt. Gerade dort, wo es schmerzlich, ambivalent oder verstörend werden müsste, bleibt der Ton zu glatt, zu wenig anspruchsvoll.
Hinzu kommt, dass der Roman thematisch stark überladen wirkt: Neben MeToo verhandelt er Antisemitismus, Medienmechanismen, moralische Schuld, Feminismus, literarische Verwertung von Trauma. Vieles davon ist wichtig, manches davon interessant – aber weniges wird wirklich vertieft. Einige Konflikte tauchen auf, nur um bald wieder zu verschwinden, andere lösen sich überraschend schnell auf. Besonders der letzte Teil wirkt deutlich leichter, fast versöhnlich, als hätte sich mit Hazels Absage (an was, wird nicht gespoilert) ein Knoten gelöst, der zuvor sorgfältiger hätte ausgearbeitet werden müssen.
So bleibt am Ende ein zwiespältiger Eindruck: Hazel sagt Nein ist ein Roman mit einem starken Plot und hohem gesellschaftlichem Anspruch. Er ist stellenweise spannend, gut lesbar und für ein jüngeres Publikum sicher wirkungsvoll. Literarisch jedoch bleibt er hinter seinen Möglichkeiten zurück. Zu viel wird angerissen, zu wenig wirklich ausgearbeitet.
Fazit:
Ein Buch zur richtigen Zeit, das Gesprächsstoff liefert und junge Leserinnen bestärken kann. Literarisch jedoch bleibt Hazel sagt Nein zu gefällig und zu überambitioniert, um nachhaltig zu überzeugen. Ein Roman, der mehr will, als er letztlich einlösen kann – und gerade deshalb diskussionswürdig ist.