Das Renommee ist entscheidend

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mammutkeks Avatar

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2007 war für Jo Nesbo ein Jahr, in dem alles richtig prima lief: Er erhielt zum zweiten Mal den Preis des Buchhandels, für "Schneemann", die aktuellen Harry-Hole-Romane waren nicht nur in Norwegen ganz oben auf den Bestsellerlisten. Daher begann er, so Nesbo in einem Interview, "mit etwas ganz Neuem, damit man wieder das Gefühl hat, ein Risiko einzugehen, und dafür eine neue Welt entdecken zu müssen. Dabei ist mir bewusst, dass die Angst vor dem Versagen den Genuss eines möglichen Erfolgs nur steigert. Dieses Mal ist es die Geschichte eines Head-Hunters in einer Agentur."

Dieser Roger Brown ist mit "Headhunter" seit diesem Jahr auch im deutschen Buchhandel erhältlich. Roger Brown zeichnet sich vor allem durch ein kaum zu gefährdendes Selbstbewusstsein aus - aber dies braucht er angesichts seiner Körpergröße von unterdurchschnittlichen 1,68 m wohl auch. Roger Brown meint von sich, der Beste in seinem Metier zu sein - und wird auch von seinen Freunden und Bekannten so wahrgenommen.

Was jedoch niemand weiß, ist, dass er die Informationen, die er bei den Bewerbungsgesprächen mit potenziellen Kandidaten sammelt, auch auf andere Weise nutzt. Mit Kunstdiebstählen hilft er seinen arg strapazierten Finanzen auf die Sprünge - auch, um den kostspieligen Lebensstil seiner Frau Diana finanzieren zu können.

Die ganze Geschichte eskaliert, als er auf einen Holländer aufmerksam (gemacht) wird, der der ideale Kandidat für einen Vorstandposten einer international tätigen GPS-Firma ist. Noch dazu hat er ein für verschollen gehaltenes Rubensgemälde in seinem Besitz. Allerdings klappt nur noch der Diebstahl des Bildes - danach geht für Roger Brown alles einen ungeplanten und ungewöhnlichen Gang.

In "Headhunter" spielt Harry Hole keine Rolle - und Roger Brown ist weder so charismatisch wie die große Nesbo'sche Serienfigur noch ist der Roman ähnlich spannend und ausgefeilt. Was man Nesbo jedoch nie abstreiten kann, ist sein großartiger Umgang mit Sprache, sein Händchen für das richtige Timing und seine Fantasie, auch aus einem eher langweiligen Mann wie Brown, dem das Renommee einer Person als wichtigstes erscheint, einen Helden zu gestalten.

"Headhunter" nimmt erst nach dem Drittel an Fahrt auf, dann allerdings auch richtig. Nicht alle Handlungsstränge sind komplett ausgearbeitet, aber die endgültige Lösung überrascht und tröstet über einige Unlogiken.

Insgesamt ein souveräner Auftritt - einige Stunden Lesevergnügen sind möglich, aber trotzdem bleibt die Vorfreude auf den nächsten Harry-Hole.