Wer ist hier der Jäger?

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madame_f Avatar

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Als erstes sprang mir das glänzende Cover mit dem roten Falter sofort ins Auge – wie schön ist bitte dieses Cover?! Die Leseprobe war sooo vielversprechend, also waren meine Erwartungen hoch. Worum geht’s? Rune führt ein Doppelleben: Tagsüber bewegt sie sich als Mitglied der Elite unauffällig unter den Menschen, nachts rettet sie unter dem Decknamen „Roter Nachtfalter“ verfolgte Hexen vor der gefürchteten Blutwache. Zugleich muss sie stets ihre eigene Identität geheim halten, um nicht als Hexe enttarnt zu werden. Um an Informationen zu gelangen, verstrickt sie sich in ein gefährliches Spiel mit dem Hexenjäger Gideon Sharpe – doch wer jagt hier eigentlich wen?
Obwohl die Prämisse reichlich Konfliktpotenzial bietet, zieht sich das Tempo wie Honig. Viele Kapitel verschwenden Raum auf ausführliche Ortsbeschreibungen und detailverliebte Passagen, während die Handlung nur zögerlich voranschreitet. Für mich fühlte es sich an, als würde man stundenlang durch einen dichten Wald wandern, ohne dass ein Gipfel in Sicht kommt.
Ciccarelli verwebt politische Intrigen, mystische Elemente und greift den Plot des „Scarlet Pimpernel“ auf - nach deren Grundidee eine scheinbar harmlose oder uninteressante Person in Wirklichkeit eine Held:innenrolle übernimmt. Doch obwohl diese Vorlage einiges an Spannung und ein cleveres Katz-und-Maus-Spiel verspricht, bleibt die Umsetzung insgesamt überraschend zahm. Ein wenig mehr Knalleffekt und psychologischer Tiefgang hätten dem Plot gutgetan. Hier verschenkt die Autorin für mich Potential. Rune ist sympathisch, doch teils stereotypisch gezeichnet, und ackert zu oft in ihren eigenen Gedanken herum. Gideon bleibt lange schematisch als rauer, unnahbarer Jäger ohne tiefere Motive. Gerade in emotionalen Schlüsselszenen – etwa beim ersten ungestümen Zusammentreffen oder als Rune wirklich Gefahr läuft, enttarnt zu werden – fehlte mir das letzte Quäntchen Intensität.
„Heartless Hunter. Der rote Nachtfalter“ punktet mit seinem wunderschönen Cover, einer soliden Grundidee und einem stimmigen Setting, wirkt aber insgesamt zu oberflächlich und behäbig. Für Fans von New-Adult-Romantasy, die eine sanfte, atmosphärische Lektüre ohne große Action suchen, ist der Band durchaus ein kurzweiliges Vergnügen. Leserinnen und Leser, die auf fesselnde Plottwists und intensive Figurenentwicklung hoffen, sollten ihre Erwartungen jedoch dämpfen – und dem roten Nachtfalter lieber eine zweite Chance im Nachfolger geben. Für mich waren es 3 von 5 Sternen. Den zweiten Band werde ich wahrscheinlich wieder voller Hoffnung lesen ;)