In ihrer Umsetzung nicht so starke Fortsetzung des Films Heat

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Der Prolog von Heat 2 schildert den Überfall auf die Far East National Bank in Los Angeles unter Führung des charismatischen Gangsters Neil McCauley am Donnerstag, den 7 . September 1995. Auf den Fersen ist ihm der unerbittliche Cop Vincent Hanna, der nur für seinen Job lebt. Doch der Bankraub geht schief und auf beiden Seiten kommt es zu Verlusten. Der Prolog endet so wie auch der Film mit der finalen Konfrontation von McCauley durch Hanna. Nur wenige Stunden später hat Hanna diese noch zu verarbeiten. Aber das hält ihn nicht von seiner Suche nach Chris Shiherlis ab, der ein Mitglied von McCauleys Team ist. Chris kann auf die Hilfe von McCauleys bestens vernetzen Freund Nate zählen. Doch die Schlinge um Chris zieht sich immer enger. Wird ihm die Flucht nach Mexiko gelingen?

Heat 2 beginnt mit einem Prolog, in dem der Inhalt des Films Heat (inkl. dessen Ende) zusammengefasst wird. Für jeden, der den Film Heat von Regisseur Michael Mann aus dem Jahre 1995 noch nicht kennt, der durch seine stilistische Inszenierung besticht und meiner Ansicht nach zu den besten Kriminalfilmen zählt, empfiehlt es sich also erst diesen zu schauen, um dann das Buch zu lesen. Hilfreich ist der Prolog, wenn man sich so wie ich nicht mehr genau an Details des Films erinnern konnte, da mir diese durch die Rekapitulation des Films in der Einleitung wieder ins Gedächtnis gerufen wurden. Damit ist mir der Einstieg in dieses Buch leicht gefallen, dessen erster Teil sich nahtlos an das Finale des Vorgängers Heat anschließt, wenn der Cop Hanna den flüchtigen Kriminellen Chris Shiherlis jagt. Die Spannung wird dabei durch die abwechslungsreiche Erzählweise, die in kurzen Kapiteln i.W. zwischen der Sicht von Hanna und der von Chris hin und her wechselt, vorangetrieben. In detaillierten Beschreibungen wird fast in Echtzeit geschildert, wie Hanna mit geschickter Ermittlungsarbeit Chris dicht auf den Fersen ist. Aber auch Chris, der mit sich zu kämpfen hat, weil er seine Frau und sein Kind zurück lassen muss, kann sich bei seiner Flucht auf kompetente Unterstützung in Gestalt von Nate verlassen.
Gut hat mir gefallen, wie harmonisch der Film Heat in dieses Buch übergeht. Denn beim Lesen des Prologs hatte ich Bilder dazu im Kopf, als ob vor meinem inneren Auge Szenen des Films Heat ablaufen würden. Fast schon symbiotisch wird der Film Heat in diesem Roman fortgesetzt. Das liegt einerseits an dessen zeitlicher Einordnung, indem sich der Beginn des Buchs unmittelbar an das Ende des Films anschließt. Andererseits finde ich die Figuren (u.a. Chris, Nate) gut getroffen, so wie ich diese aus dem Film in Erinnerung hatte. Das gilt auch für die großartiger Verkörperung durch Al Pacino des von seiner Arbeit besessenen Cops Hanna, der dafür mehr als eine Ehe geopfert, sowie des smarten, perfektionistisch veranlagten Gangsters McCauley durch Robert De Niro.

Heat 2 wird auf zwei Zeitebenen erzählt. Denn in verschiedenen Teilen werden die Ereignisse abwechselnd aus dem Jahr 1988 sowie aus der Zeit nach dem Ende des Films Heat erst in Los Angeles, dann in Paraguay geschildert, um dann wenige Jahre später an seinen Ausgangspunkt zurückzukehren und in Los Angeles im Jahre 2000 zu enden.
Dass ein so umfangreicher Teil des Romans zeitlich im Jahr 1988 spielt, ist ein geschickter Schachzug der Autoren. Denn so kann es auch in Heat 2 ein Wiedersehen mit dem charismatischen Gangster Neil McCauley geben. So beginnt Teil 2 mit dem ersten Treffen von Chris und Neil, als diese sich kennengelernt haben. Zudem habe ich Einblicke in die Vergangenheit des Cops Hanna gewonnen.
Die in der Gegenwart angesiedelte Handlung erzählt vom Aufstieg von Chris in Paraguay. Zunächst hat er Probleme sich zu akklimatisieren, da er seine Frau und sein Kind sehr vermisst. Zu seiner Familie darf er keinen Kontakt haben, weil Hanna ihn sonst aufspüren könnte. Zudem traut man Chris in seinem neuen Job in der Sicherheitsbranche nicht, so dass er sich bei der Familie Liu erst beweisen muss. Gut gefallen haben mir dabei die exotische Kulisse, die die Autoren in Paraguay beschreiben. Intensiv ist die Sehnsucht geschildert, mit der sich Chris nach seiner Familie verzehrt. Und interessant wird der Szenenwechsel dadurch, dass der ehemalige Bankräuber Chris nun in der Sicherheitsbranche tätig und damit dafür verantwortlich ist, Diebe, die ihr Ziel auskundschaften, zu entlarven.

Im Kern erzählt dieser Roman eine spannende Geschichte mit vielschichtigen Charakteren. Das beginnt bei der Flucht von Chris aus Los Angeles, die mit Hilfe von cleveren Tricks gelingt, mich aber auch in der smarten Ermittlungsarbeit von Hanna überzeugt hat. Dass der Prolog und erste Teil des Buchs mich an ein Drehbuch erinnert haben, in dem jedes Setting in all seinen Details beschrieben wird (etwa bis zu dem Punkt, das beim Trinken ein Schluck Wasser auf dem Hemd verschüttet wird), habe ich als ungewöhnlichen Einstieg und symbiotischen Übergang von Film zu Buch empfunden. Je länger ich gelesen habe, umso mehr hat mich jedoch die übertrieben detaillierte und damit langatmig ausfallende Umsetzung gestört. In der vorliegenden Form wäre der Stoff eher als Drehbuch für eine Serie, die den Film Heat fortsetzt, denn als Thriller-Roman geeignet. Da hätte ich mir gewünscht, dass der Stoff besser ans das Medium Buch angepasst worden wäre. Das wäre wohl am leichtesten zu realisieren gewesen, wenn der in seiner jetzigen Form knapp 700 Seiten lange Roman deutlich gestrafft worden wäre, indem der sich auf seine Stärken konzentriert. Das wären die interessante Geschichte, die im Grunde erzählt wird, sowie die komplex angelegten, teilweise aus dem Film bereits bekannten Figuren.
Und obwohl ich die Umsetzung in der vorliegenden Form als nicht so geglückt empfinde, ist dieses Buch für Fans des Films Heat, die wissen wollen, wie es mit Hanna, Chris und Co weitergeht, wohl dennoch ein Muss.