Ich bin zwiegespalten

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brombeere Avatar

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Worum geht es?
Sina Trinkwalder erzählt von ihrem Erfolg mit ihrem Unternehmen manomama und begründet ihre - an manchen Stellen ungewöhnlichen - Entscheidungen.

Worum geht es wirklich?
Anpacken, Lernen und Mutig sein.

Lesenswert?
Jein, es gibt zwei Aspekte. Zuerst einmal zum positiven: Sina Trinkwalder - die mir bis dahin leider nicht bekannt war - ist eine starke Persönlichkeit, voller Ideen, Engagement und Entscheidungskraft. Zeitgleich sieht sie sich nicht als Chefin, ihr war und ist wichtig, dass alle gemeinsam bei manomama entscheiden und sich einbringen können und Hierarchien nicht benötigt werden. Ihren Werdegang und ihre Entscheidungen finde ich sehr inspirierend und auch auffordernd, für bestimmte Dinge einzustehen. Sie erzählt von Fehlentscheidungen und zeigt sich oft auch selbst reflektierend.
Der Aufbau des Buches ist wirklich gelungen: Zuerst ein paar einleitende Kapitel und dann die Regeln, die Sina Trinkwalder in den Räumen von manomama aufgegangen hat. Jeder einzelne Regel wird vorgestellt, sowohl konkret im Bezug auf diese Firma, als auch auf die Autorin oder allgemein gesellschaftlich gesehen. Hierbei gibt es definitiv tolle Ansätze und Ideen für die eigene (Arbeite-)welt.
Allgemein kann man wohl sagen, dass dieses Buch auch sprachlich angenehm zu lesen ist, auch wenn in den gut 200 Seiten sehr dicht gedrängt viele Informationen stecken.
Ein wenig anstrengend empfand ich das dauernde Reden von den Ladys und Gentlemen, die ab und zu auch als Ladies und Gentlemen oder Ladys und Gents bezeichnet wurden - so nennt Sina Trinkwalder die Mitarbeiter bei manomama. Hierbei stört mich gar nicht die Bezeichnung, aber der Wechsel zwischen Ladies und Ladys und das andauernde Wiederholen dieser Bezeichnung (vermutlich die meist genutzte Phrase in diesem Buch) wurde mir auf Dauer zuviel.
Ein weiterer Kritikpunkt, nun allerdings inhaltlich: An einer Stelle spricht sich Sina Trinkwalder dafür aus, dass man zuhören muss, wenn sich Menschen durch eine Aussage verletzt fühlen - zeitgleich kann sie aber nicht nachvollziehen, warum sich Menschen durch die Frage nach der Herkunft (und wir reden hier natürlich nicht von der Stadt, sondern von der Herkunft der Vorfahren) rassistisch angegriffen fühlen. Ich finde, wenn man sich aktuell ein wenig rassismuskritisch fortbildet (Tupoka Odette - exit racism!) stößt man sehr schnell auf die Erklärung, warum diese Frage eben nicht okay ist.
Hier hätte ich mir mehr Selbstreflexion oder das Einhalten der eigenen aufgestellten Standards gewünscht. Ebenfalls fielen rassistische Zitate, die nicht zensiert wurden mit zB Sternchen.

Diese Stelle trübte tatsächlich die kommenden Kapitel, da ich erst mal überlegen musste, wie ich nun zur Autorin stehe und ob ich denn andere Werte vereinbar finde.
Daher bin ich schlussendlich auch eher zwiegespalten, was dieses Buch angeht.