Beklemmendes Dorfleben
Was zunächst wie ein ruhiges, beschauliches Leben auf dem Dorf anmutet, entpuppt sich mit der Zeit als beklemmendes System von konservativen Ansichten und Traditionen. Jana zieht mit ihrer kleinen Familie aus der Stadt aufs Land. Nur langsam wird sie dort heimisch. Nachdem sie völlig überstürzt ihren Job gekündigt hat, füllt sie die Zeit mit Hausarbeit, Langeweile und dem Warten auf ihr drittes Kind. Als sie der charismatischen Karolin begegnet, fühlt sie sich sofort verstanden und schnell immer heimischer in der Gemeinschaft von Freundinnen, die sich mit Backen, Filzen und Gartenarbeit die Zeit vertreiben, während sie wie ganz nebenbei ihre Kinder in völliger Freiheit und Naturverbundenheit großziehen. Jana bewundert die Frauen, insbesondere Karolin, die ihren traditionellen Lebensstil als Tradwife auch auf Social Media auslebt. Anfangs mischen sich noch leichte Misstöne und Zweifel in ihre Gedanken, doch schon bald geht sie ganz in ihrer Begeisterung auf. Von ihrem Ehemann entfremdet sie sich mehr und mehr und auch die Freunde aus der Stadt stoßen sie ab. Erschreckend wie schnell und leicht so ein Funke überspringt. Die nationalistischen Tendenzen und Gedanken sieht sie nicht. In einem gesellschaftlichen Klima, das sich immer mehr aufheizt, verschwimmen für Jana ihre Haltung und ihre Werte immer mehr. Dabei schildert die Autorin sehr sachlich, ohne zu werten. Das erhöht die Beklemmung zusätzlich. Wie schnell verfängt man sich in diesem Netz aus Freundschaft, Nähe, Heimat und oberflächlicher Geborgenheit. Die letzten Seiten lassen mich allerdings ratlos zurück. Das hinterlässt nach der Lektüre ein seltsam unfertiges Gefühl. Ich blättere vor und zurück, überlege ob ich etwas übersehen habe, aber kann den Faden einfach nicht finden. Das Ende soll sicher überraschen und originell sein, mir erschließt es sich leider nicht. Das ist schade und trübt den eigentlich guten Gesamteindruck des Buches.