Der Sog der Neuen Rechten
„Heimat“ von Hannah Lühmann lässt mich am Ende etwas enttäuscht zurück. Dabei hat der Roman inhaltlich durchaus starke Momente. Denn das stetige Abgleiten in rechte Denkmuster und die Faszination für das traditionelle Familienbild der Trade Wifes hat mir gut gefallen. Allerdings hätte ich zumindest am Anfang mal etwas kritisches Hinterfragen und ein klares Statement von Protagonistin Jana erwartet. Obwohl diese intellektuell vieles durchschauen müsste, ergibt sie sich fast schon Willenlos ihren neuen Freundinnen. Trotz der geringen Seitenzahl eröffnet die Autorin zudem viele Nebenschauplätze, hier eine Trennung, dort angedeutete häusliche Gewalt. Insgesamt hätte etwas mehr Fokus der Geschichte glaube ich gut getan. Mit dem Ende konnte ich dann wiederum wirklich gar nichts anfangen, es ist mir viel zu offen und auch ziemlich merkwürdig. Eine Stärke des Buchs ist für mich aber die aufgezeigte Vielschichtigkeit bzw. wie sich im Alltag rechte Ideologien mit Verschwörungserzählungen mischen. Diese begegnen uns Leser:innen im Buch leider unreflektiert, es gibt nicht eine Figur welche sich diesen wirklich aktiv und kritisch entgegen stellt. Wer als Lesender selbst mit der Szene interagiert wird fürchte ich nicht unbedingt abgeschreckt, auch wenn ich persönlich vieles richtig gruselig fand. Aber auch der starke Zusammenhalt und die gegenseitige Hilfe werden eben stark herausgestellt. Der Schreibstil liest sich einnehmend und trägt rasch durch die Geschichte. Alles in allem hat „Heimat“ interessante Ansätze, so ganz geht das Konzept für mich aber nicht auf. Ich schwanke zwischen 3 und 4 Sternen, bleibe aufgrund meiner genannten Kritikpunkte aber letztlich bei 3 Sternen.