Die Frauen von - ?

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19cici95 Avatar

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Ich verzichte an dieser Stelle auf eine kurze Zusammenfassung, da jedes weitere Wort zum Klappentext schon zu viel der Geschichte verraten würde. Auf gerade einmal 170 Seiten (für 22 € - das allein kann man sich auf der Zunge zergehen lassen) erzählt Hannah Lühmann eine Geschichte, wie sie tagtäglich passiert. Junge Familie zieht aufs Land, die eigentlich progressive Mutter ist emanzipiert und will nur für ein paar Jahre aus dem Beruf ausscheiden, um dann ihre Karriere weiter voran zu treiben. Doch was passiert, wenn ihr die Tradwife-Nachbarin ein Leben vorlebt, das doch so viel erfüllter zu sein scheint?
Jana ist eine sehr unsympathische Protagonistin, die ohne jegliche Reflexion die Weltanschauung von Karolin übernimmt. Mit ihren fünf Kindern hat diese natürlich alle Hände voll zu tun, doch eine Fremdbetreuung kommt für sie gar nicht in Frage. Geschickt und subtil versteht sie es, ihre Freundinnen und Bekannten in ihr Schwurbler-Spinnennetz zu ziehen und besonders Jana entwickelt geradezu eine Obsession für sie.
Die Erstarkung einer gewissen Partei, auf deren Umgang der Autorin mit dem Thema ich neugierig war, wurde mehr schlecht als recht umgesetzt, wabert aber während des Lesens immer im Hinterkopf herum.
Viele Themen im Buch werden einfach angeschnitten und dann – oh Wunder, auf 170 Seiten – kommentarlos wieder fallen gelassen. Was ist die Geschichte von Karolins Sohn, was macht Konrad eigentlich wirklich im Urlaub und wieso lädt ein Lehrer privat Schüler:innen zu sich nach Hause ein? Fragen, die niemals beantwortet werden.
Die Autorin ist von der Tradwife-Thematik auch nicht ganz unvoreingenommen (s. Artikel bei „Die Zeit“ u.a.) muss man die Einordnung der einzelnen Charaktere selbst vornehmen, denn man darf verglich darauf warten, dass Lühmann es tut.
Da das Ganze recht unversöhnlich klingt, hier noch ein positiver Punkt: die Vibes der Geschichte stimmen. Man muss Jana nicht mögen, um die bedrückende und beklemmende Stimmung durch die ganze Geschichte hin zu fühlen. Dafür gebührt der Autorin Lob.
Dagegen sind weder der Prolog noch das Ende in irgendeiner Art verständlich für den Leser geschrieben. Von großer Prosa getragen, versucht Lühmann hier etwas Literatur zu schaffen und erntet am Ende doch nur Kopfschütteln.