Fassungslose Wut

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leylin Avatar

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In Heimat von Hannah Lühmann geht es um Jana, die mit zwei Kindern und schwanger mit dem dritten aus der Stadt in ein Neubaugebiet aufs Land zieht. Dort fühlt sie sich ziemlich fehl am Platz – alles wirkt ordentlich, spießig und irgendwie nicht nach ihr. Dann trifft sie auf Karolin, die Nachbarin, die so ein perfektes Tradwife-Leben führt: großes Haus, massig Kinder, Selbstgemachtes, alles nach alten und perfekten Rollenbildern. Jana ist gleichzeitig abgeschreckt und angezogen von dieser Welt und fragt sich immer mehr, was sie eigentlich selbst will. Je näher sie Karolin kommt, desto mehr merkt sie, dass hinter der hübschen Fassade auch etwas Dunkles (und Gefährliches) lauert und alles mehr Schein als Sein ist.

Der Schreibstil ist super, lässt sich flüssig lesen und Sprache ist nicht verkompliziert.
Angeschnitten werden Themen wie rassistische Ideologie und rechte Propaganda, konservatives Frauenbild und dessen Erwartungen, gewollte und ungewollten Mutterschaft , Kommunikation in Beziehungen, häusliche Gewalt and many more. Der Roman nimmt langsam Fahrt auf indem der Alltag der schwangeren Jana und des emotional nicht verfügbaren Noah sowie deren zwei Kinder in ihrer neuen Heimat dargestellt wird. Ganz leise wird Jana in das Tradwifetum der Siedlung absorbiert und übernimmt deren Ideologien. Spannend ist am Ende dass Jana den - offensichtlich- gewalttätigen Clemens vor seiner Frau Karolin beschützt und dessen Verhalten legitimiert. Hier wird deutlich wie sehr Jana bereits im Sog dieser Ideologie gelandet ist und den Traditionalismus verinnerlicht hat.nHannah Lühmann macht so viele Themen auf und schneidet sie an - zu Ende bearbeitet werden diese meiner Meinung nach nicht. Der Roman dreht auf jeden Fall die eigene Wut auf Anschlag und ließ mich aber am Ende sehr unzufrieden zurück, da nichts aufgelöst wird.