Klischeehaftes Abdriften einer naiven Protagonistin

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rosenfreund Avatar

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Das Cover mit dem idealisierten Bild einer unberührten Natur gefällt mir gut, jedoch wie soll es zu dem Buchtitel passen, der als schreiender Kontrastpunkt in riesigen rosafarbenen Lettern hinter den Bäumen hervorlugt?
Kann die Protagonistin in der neuen Einfamilienhaussiedlung weit vor der Stadt eine neue Heimat finden?
In leicht verständlicher Sprache präsentiert Hannah Lühmann uns die aus den USA herüberschwappende Retraditionalisierung von Frauen, die gegen „ feministische Ideologien“ ankämpfen und ihre Bestimmung in ihrer Rolle als nicht arbeitende Hausfrauen und Mütter sehen. Dieses Ideal repräsentiert das Tradwife Karolin, die als charismatische Influenzerin aktiv ist und mit ihrem wohl gutverdienenden Mann mit 5 Kindern im Wald in einem geerbten Haus lebt. Sie lehnt staatliche Betreuungseinrichtungen für ihre Kinder ab, denn sie erzieht sie nach einem christlich orientierten Weltbild in der Natur, die den Kindern ungestörtes Herumtollen im riesigen Grundstück ermöglicht. Karolin ist gewissermaßen die “Anführerin“ einer Hausfrauenclique in der neuen Siedlung, und sie schafft es,die anderen Frauen in ihren Bann zu ziehen, so auch die neu zugezogene Jana, die mit ihrem Lebensgefährten Noah und 2 Kindern zunächst unter Vereinsamung leidet.
Jana, die Protagonistin, ist erfolgreich in einem nicht näher beschriebenen anspruchsvollen Beruf. Somit können Noah und sie es sich leisten, ein Haus auf dem Lande zu kaufen und die beiden Kinder in eine Kita zu schicken. Als Jana feststellt, dass sie ungeplant schwanger ist, gerät sie in eine Identitätskrise und kündigt ohne Rücksprache mit Noah ihren Beruf, was natürlich zu Unstimmigkeiten und zunehmenden Spannungen führt. Obwohl Noah verbeamteter Gymnasiallehrer ist, können sie dem finanziellen Druck kaum standhalten und er verlangt die Trennung.
Jana wird sehr klischeehaft charakterisiert, denn sie wird zu einer anspruchslosen Nur-Hausfrau, die, mittlerweile knapp 40-jährig, auch in den Sog der AFD gerät, die Karolin stark unterstützt. Sie idealisiert Karolins Ehe, aber hinterfragt kaum ihr eigenes Verhalten.
Ich finde, dass sie wenig individualisiert charakterisiert ist und von daher für mich unglaubwürdig herüberkommt, denn wie kann sie nur auf Schwangerschaft, Mutterschaft und Hausfrauendasein reduziert werden, so wie auch die anderen Frauen der Vorstadtclique?
Das Buch ist mit 170 Seiten recht mager. Es gibt keine richtigen Kapitel, nur Absätze zum unterbrechen der Narration. Um dem Anspruch gerecht zu werden, wie man aus Einsamkeit nach Identifikationspunkten, auch in der AFD, sucht hätte die Autorin mehr in die Tiefe gehen sollen und die Protagonistin zu einem „runden“ Charakter machen müssen, dessen Verhalten nachvollziehbar ist. Der Schluss mit offenem Ende gefällt mir nicht, denn er untermalt Janas Unglaubwürdigkeit.
Daher von mir nur 3 Punkte