Scheinbare Idylle mit subtilem Gruselfaktor

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jannehanne Avatar

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Mit dem 3. Kind schwanger sind Jana und ihre Familie aus der Großstadt in ein ländliches Neubaugebiet gezogen. Ihren Job hat sie gekündigt, die beiden Kinder sind ganztags in der Kita betreut. Erschöpft und auch irgendwie gelangweilt und leer trifft sie auf Karolin, die in ihrer Rolle als Hausfrau und Mutter von 4 Kindern ganz in sich zu ruhen scheint und dabei ein Weltbild vermittelt, was zunächst irritierend wirkt und gleichzeitig einen Sog ausübt. Nach und nach driftet Jana in die Idee einer Idylle ab, in der das Aufziehen der Kinder so natürlich und mühelos sowie die Aufteilung zwischen den Geschlechtern so klar und entspannt erscheint.
Den Roman hab ich innerhalb kürzester Zeit verschlungen. Spannend fand ich, wie Hanna Lühmann ohne mit dem erhobenen Zeigefinger zu werten die unterschiedlichen Lebensentwürfe beschreibt. Manches erscheint zunächst haltgebend und Zugehörigkeit schaffend und das leise Gruseln stellt sich eher ganz subtil zwischen den Zeilen ein. Toll fand ich außerdem die Instagraminszenierung dargestellt. Die entsprechenden Bilder und Texte hatte ich sofort gut vor Augen. Das Ende hat mich dann tatsächlich geschockt und noch eine Weile nachgehallt. So offen, wie von anderen Lesern beschrieben, fand ich es eigentlich gar nicht. Liebend gerne hätte ich mich hier noch mit anderen darüber ausgetauscht. Überhaupt ist einiges im Roman nicht ganz auserzählt und lässt manches an Interpretationsmöglichkeiten und unterschiedlichen Sichtweisen zu. Für meinen Geschmack hätte der Roman auch gut und gerne noch 100 Seiten mehr haben dürfen. Erzählstil und Geschichte hätten es auf jeden Fall hergegeben.