Zwischen Faszination und Zweifel – ein fesselnder Roman über das, was „Heimat“ ausmacht

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Hannah Lühmanns Roman „Heimat“ hat mich diesen Sommer sehr beeindruckt und beschäftigt. Das Buch erzählt von Jana, die mit ihrer Familie aufs Land zieht und dort eine Gesellschaft erlebt, die sie in ihrer Enge und politischen Ausrichtung irritiert. Besonders spannend fand ich die Dynamik zwischen Jana und ihrer Nachbarin Karolin, einer selbstbewussten, traditionsbewussten „Tradwife“, die Jana fasziniert und zugleich abstößt. Die Autorin schafft es, diese Begegnung ohne Schwarz-Weiß-Malerei zu schildern. Beide Figuren sind komplex, lebendig und glaubhaft mit ihren Widersprüchen und Sehnsüchten gezeichnet. Gerade Janas Zerrissenheit – zwischen den eigenen Werten, dem Alltagsstress und dem Bedürfnis nach Zugehörigkeit – habe ich als sehr authentisch empfunden.

Das Thema Stadt-Land-Gefälle und der unterschwellige Rechtsruck werden von Lühmann mit großer Sensibilität, aber ohne Verharmlosung eingeflochten. Die Problematiken der AfD-Wählerschaft und gesellschaftlichen Ausgrenzung werden nicht plakativ, sondern im Lebensalltag der Figuren sichtbar. Beeindruckt hat mich, wie aktuell und zeitgemäß die Geschichte dadurch wirkt.

Der Schreibstil ist präzise, feinfühlig und klug; er lässt Raum für Zwischentöne und leise Ironie. Man merkt Lühmanns Hintergrund als Essayistin und Journalistin an – sie findet für emotionale und gesellschaftliche Fragen eine klare, elegante Sprache, die mich stellenweise richtig berührt hat.

Auch das Cover passt für mich hervorragend: reduziert, gleichzeitig vieldeutig, es spiegelt die Ambivalenz der erzählten Welt.

Insgesamt ist „Heimat“ für alle interessant, die sich für gesellschaftliche Veränderungen, neue Rollenmuster und aktuelle politische Stimmungen interessieren. Wer Hannah Lühmann noch nicht kennt, wird sie hier als eine wache, empathische Erzählerin erleben.

Mein Fazit zu dem Buch: Ein nachdenklich machendes, facettenreiches Buch, das noch lange nach dem Lesen nachwirkt und ich uneingeschränkt empfehlen kann – gerade jetzt, da die Frage nach Heimat und Identität wieder so virulent geworden ist.