Giganten im Exil

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robertp Avatar

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Vorab möchte ich erwähnen weshalb ich dieses Buch ausgewählt habe.
Nach der Lektüre von Tilo Eckharts „Gefährliche Betrachtungen“ wollte ich noch etwas mehr über Literaturgiganten Thomas Mann erfahren. Dieses Buch schließt zeitlich an das Buch an, ist aber kein Roman, sondern einer detaillierte Beschreibung der Aktivitäten des Künstlers ab 1938 im Exil in Amerika. Von hier führte Mann einen Kampf gegen den Faschismus, eigentlich gegen Hitler persönlich.
Die Zahl der deutschen Exilanten in Kalifornien im Jahr 1938 ist scheinbar unendlich. Massenhaft haben Literaten, Schauspieler und Theatermacher den europäischen Kontinent verlassen, um sich vor dem drohenden Unglück des Nationalsozialismus in Sicherheit zu bringen.
Thomas Mann hat schon früh begonnen vor dem Faschismus zu warnen. Als Nobelpreisträger wird seine Stimme noch gewichtiger und er nutzt seine Berühmtheit für Lesereisen durch Amerika um den „zukünftigen Sieg der Demokratie“ zu predigen. Er ist privilegiert, reich (durch seine Romanverkäufe und den Nobelpreis) und populär. An der kalifornischen Küste errichtet er sich ein Heim, in dem er sich zurückziehen und in gewohnter („Wo ich bin ist Deutschland“) Umgebung am Schreibtisch (aus der Schweiz mitmigriert) unter Palmen mehrere Romane (Doktor Faustus, Joseph, Lotte in Weimar, ..) und viele Essays (u.a. Vom zukünftigen Sieg der Demokratie, Goethe und die Demokratie) zu schreiben. Als Appell an die im Krieg befindliche Bevölkerung verfasste er mehrere Reden, die gesendet und auch auf Schallplatte aufgenommen wurden. Trotz seinem Kampf gegen den Nationalsozialismus werden auch ihm letztlich kommunistischer Umtriebe vorgeworfen. Er lässt sich aber nicht auf eine Verurteilung ein sondern kann, auf Grund seiner Popularität, unbeschadet wieder nach Europa zurückkehren.
Nach dieser Lektüre denke ich, dass Thomas Mann kein einfacher Zeitgenosse war. Er suchte sich seine Quellen ohne Rücksicht auf die Ursprünge und kam so mit vielen Exilanten ins Gespräch und in Streit (u.a. Schönberg).
Dem Autor Martin Mittermeier gelingt es die amerikanischen Jahre von T. Mann detailliert nachzuverfolgen. Sein Wissen und seine Bibliographie sind riesig. Tatsächlich fühlt sich das Buch wie eine Magisterarbeit an, die in etwas weniger Fachchinesisch niedergeschrieben wurde.
Pfiffig finde ich, dass die Quellenangaben aus dem Buch ausgelagert wurden. Per QR Code kann man zu den einzelnen Kapiteln nachschlagen, woher einzelne Ideen stammen.
Für alle die sich wirklich mit dem Phänomen Thomas Mann auseinander setzen wollen. Die Liste der Personen und Aktivitäten bis zur Rückkehr nach Europa (1952 Schweiz) ist ellenlang und man lernt einiges über die Arbeitsweise des Giganten der deutschen Literatur.