Der urkomische Lebensbericht eines ostzonalen Rentners

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druckdeufel Avatar

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Der 79-jährige Heinz Labensky lebt in einem Erfurter Seniorenheim seinem Ende entgegen, als ihn ein Brief erreicht, den ihm die Tochter seiner großen Liebe Rita geschickt hat. Die war damals spurlos aus seinem Leben verschwunden, und nun macht er sich in der Hoffnung auf Antworten auf den Weg zu der Absenderin nach Warnemünde.
Dem Autorenpaar Tsokos gelingt es, eine Figur zu erschaffen, die das Leben in der DDR so intensiv geprägt hat, dass sie geradezu als Verkörperung dieses Lebens herhalten kann. Durch die Erinnerungen des alten Mannes, auch durch seine Sprache und Ausdrücke, lassen sie die ostzonale Vergangenheit wiederauferstehen.
Doch eigentlich erzählt Labensky ja nur seine eigene Geschichte, während der langen Busfahrt, und sie ist haarsträubend abenteuerlich. Dabei weiß er um seine Schwäche: Es mangelt ihm dramatisch an Klugheit (aus der Schule wurde er vorzeitig als „förderunfähig“ entlassen). Aber vielleicht gerade deshalb und aus den daraus resultierenden Missverständnissen, in Verbindung mit Mut und einer grundlegenden Rechtschaffenheit, geriet er in den Jahren, von denen er berichtet, in eine absurde, aberwitzige Situation nach der anderen.
Das liest sich unterhaltsam, nicht zuletzt des wunderbaren Schreibstils wegen, der mit zahlreichen kreativen Vergleichen aufgepeppt ist (Auch sein verwüstetes Gesicht war fahl wie ein Elefantenbauch. S. 9). Genau dieser Schreibstil sorgt auch dafür, dass man mit Spaß weiterliest selbst in Passagen, die sich strecken. Und an Textstellen, die sich zu oft wiederholen. Man wird belohnt fürs Durchhalten: Am Ziel angekommen, macht sich der einfältige Labensky Gedanken, die durchaus philosophisch genannt werden dürfen.
Was nun wahr ist an seinen Geschichten und was erfunden: Wer will das wirklich wissen? So wie seine Zuhörer im Bus an seinen Lippen hängen, so wird sich auch die Leserschaft von ihm verzaubern lassen.