Ein überraschender ostdeutscher Roadtrip mit vielen Erinnerungen und Fantasie

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Das Cover von „Heinz Labensky – und seine Sicht auf die Dinge“ von Tsokos & Tsokos hat mich neugierig gemacht, denn das Bild von einem älteren Mann, der in die Weite vor sich schaut und seinen Schirm (kämpferisch?) in die Höhe reckt, hat mich irgendwie berührt.

Die Geschichte erzählt von Heinz Labensky, der den Osten Deutschlands auch nach der Wiedervereinigung nie verlassen hat und in einem Feierabendheim still seinen Erinnerungen nachhängt. Doch eines Tages wird sein „Dämmerzustand“ durch einen Brief von der Tochter seiner besten Kindheitsfreundin und Jugendliebe Rita, die eines Tages spurlos verschwand, jäh zerrissen und er macht sich spontan auf den Weg an die Ostsee. Ein spannender Roadtrip per Flixbus beginnt, der gespickt ist mit all den Ereignissen seines Lebens, die er seinen Mitreisenden erzählt. Doch was wird ihn in Rostock Warnemünde erwarten? Will er die Wahrheit wissen oder lieber in seinen Erinnerungen leben?

Dieses Buch ist keines, das in kurzer Zeit herunter gelesen werden sollte, denn es enthält so viel sprachliche Finesse und Inhalt zwischen den Zeilen, dass man sich ruhig ein wenig Zeit nehmen und genießen sollte! Ich hatte mit dieser Fülle und geballten Intensität an Ereignissen und Gefühlen tatsächlich nicht gerechnet und bin nach der Lektüre umso begeisterter von dieser außergewöhnlichen Geschichte!

Schon allein der sprachliche Ausdruck der beiden AutorInnen hat mich sehr positiv überrascht und fasziniert, denn der Text ist sehr flüssig und angenehm formuliert, dabei aber mit besonderen Ostdeutschen Begriffen gespickt, die das Leseerlebnis für mich sehr authentisch gemacht haben. Außerdem gibt es immer wieder besondere Formulierungen und die Ausdrucksweise aus der dritten Person heraus, die jedoch dennoch in intrinsischer Weise erzählt, gefällt mir sehr.

Heinz Labensky, als sympathische Hauptperson, gefiel mir beim Lesen mit der Zeit immer besser und ich fand es sehr spannend, zunehmend Ereignisse aus seinem Leben zu erfahren und dadurch auch mehr zu verstehen, wie die Geschichte zusammenhängt. Im Laufe des Buches werden ihm weitere interessante Charaktere zur Seite gestellt, die meiner Meinung nach ebenfalls gut gewählt und vielfältig sind. Im Gewand des Roadtrips kommen zudem vielfältige andere Lebens- und Geschichtsthemen zur Sprache, was das Lesen bunt, interessant und ansprechend gestaltet. DDR- oder ostspezifische Inhalte klangen für mich als Leien zudem authentisch und ich habe mich im Setting gut zurechtfinden können.

Mich hat dieses Buch wirklich sehr überrascht und begeistert, so dass ich es gerne allen LeserInnen empfehle, die sich auf Wort-Schätze, Sprachspaß und eine ruhige und gleichzeitig turbulente (Lebens-)Geschichte aus dem Osten Deutschlands einlassen möchten!