Labenskys Sicht auf die Dinge

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annemf Avatar

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Die Hauptperson Heinz Labensky ist Ende Siebzig geboren in der ehemaligen DDR, die er nie verlassen hatte. In einem Seniorenheim sitzt er seine Zeit ab. Schon in der Jugend war er nicht förderungsfähig, musste die Schule verlassen und niemand nahm ihn ernst. Er wurde so viel ausgenutzt. Er musste oft schwere Arbeit bewältigen und wechselte von Jahr zu Jahr in eine andere Arbeit. Eines Tages erhält er Post von einer unbekannten Person, die ihn unbedingt sprechen wollte. Sie behauptet, die Tochter von Rita seiner Jugendliebe zu sein. In der Jugend waren Labensky und Rita beste Freunde, bis diese mit 17 Jahren das Dorf verließ, in die Großstadt zog und nie mehr zurückkam. Er wollte sie doch ein Leben lang beschützen. Rita soll tot sein und ihre sterblichen Überreste hatte man in einer Bauarbeiter Grube in Pankow gefunden. So beschreibt es die Tochter. Aber war es wirklich Rita, die dort gefunden wurde? Also begibt sich Labensky auf die lange Reise nach Rostock Warnemünde. Und dann wird es richtig abwechslungsreich. Im Flixbus sitzt er 2 Kindern gegenüber, deren Mutter ihn bat, auf sie aufzupassen, bis sie aussteigen und ihr Erzeuger sie in Empfang nimmt. Labensky mental nicht ganz auf der Höhe hat eine blühende Fantasie. Er erzählt mit Vorliebe anderen und gerne auch sich selbst Geschichten, besonders wenn er sich seines Dilemmas bewusst wird. Beim Erzählen kann er sich seine Welt verbessern, wie er es gerne hätte. Wobei man nie wirklich wusste, was Fiktion und was wahr ist.

Die Reise mit Heinz führte mich durch eine ehemalige Ostzone, die es zum Glück so nicht mehr gibt. Als Leserin werde ich durch viele geschichtsträchtige Begebenheiten geführt. Ich habe selbst lange in West-Berlin gewohnt und die Mauer täglich gesehen. Ich habe viel mitbekommen über den großen Vorsitzenden hinter der Mauer und über die Volksverräter. Beim Lesen musste ich einige Male anhalten, weil ich nachdachte, was doch da drüben so alles passierte. Einiges mag vielleicht etwas übertrieben sein, weil es zu schwärmerisch erzählt wird. Und dass die RAF drüben war, das war mir fremd. Der Soldat, der die Flagge auf dem Reichstag hisste, hatte ich anders in Erinnerung. Seltsam, dass Heinz Ritas Tochter nie mit Namen ansprach. Beim Namen der Hündin schüttelte ich den Kopf, als ich den Namen las. Mehr verrate ich aber nicht.

Auf jeden Fall hat mir das Buch gefallen. Ich mochte Heinzi und seine Redensart. Seine Sicht auf die Dinge. Wie er zu Republik und Vaterland stand. Der nutzlose Idiot war doch zu gebrauchen. Und was Erdmöbel sind, brachte mich zum Schmunzeln. Die Rückblenden, wie Labensky sich an Rita erinnerte. Das Ende hatte ich nicht wirklich so erwartet, es hat mich schon überrascht. Es ging mir ans Herz. Ich vergebe 4 Sterne für eine abwechslungsreiche Reise durch den Osten Deutschlands, den es zum Glück so nicht mehr gibt.