Hat Luft nach oben

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Wenn man ein Buch zum ersten Mal in die Hand nimmt, spielt nicht nur der Inhalt eine Rolle, sondern oft auch die äußere Gestaltung. Heir of Storm ist genau so ein Werk, das zunächst durch seine Optik besticht. Der Farbschnitt ist ein echtes Highlight: sorgfältig, detailreich und stimmungsvoll veredelt. Schon bevor man die erste Seite aufschlägt, weckt die Gestaltung hohe Erwartungen. Es wirkt fast wie ein Schmuckstück im Regal – etwas, das man gerne zur Schau stellt und immer wieder zur Hand nimmt, allein um es anzuschauen. Diese äußere Aufmachung ist ohne Zweifel ein großer Pluspunkt des Buches und verdient es, hervorgehoben zu werden.

Auch sprachlich macht das Buch einen angenehmen Eindruck. Der Schreibstil ist flüssig und gut lesbar, ohne dabei unnötig kompliziert zu wirken. Es gibt keine schwerfälligen Sätze, keine überladenen Beschreibungen, die den Lesefluss hemmen könnten. Stattdessen gleitet man relativ mühelos durch die Kapitel. Besonders gefallen hat mir, dass die Autorin (oder der Autor) eine klare Sprache verwendet, die nicht nur zugänglich ist, sondern auch atmosphärisch dicht wirkt. Man merkt, dass hier handwerklich sauber gearbeitet wurde und dass die Sprache als Vehikel für die Geschichte stets im Hintergrund bleibt, anstatt sich in den Vordergrund zu drängen.

Und dennoch muss ich gestehen: So sehr mich äußere Gestaltung und Schreibstil angesprochen haben, so schwer fiel es mir, mich wirklich von der Geschichte packen zu lassen. Es gibt Bücher, die einen sofort mitreißen, die einen in ihren Bann schlagen, sodass man kaum noch aufhören kann zu lesen. *Heir of Storm* war für mich leider keines dieser Bücher. Obwohl die Handlung durchaus interessante Ansätze bietet und einige Szenen spannend erzählt sind, blieb dieses gewisse „Sog-Gefühl“ bei mir aus.

Ein Teil davon liegt vermutlich an den Figuren. Sie sind zwar solide gezeichnet, mit Hintergrundgeschichten, Motivationen und Konflikten, doch fehlte mir oft die Tiefe oder ein einzigartiger Funke, der sie lebendig macht. Manche Entscheidungen wirkten vorhersehbar, manche Dialoge etwas austauschbar. Ich habe mich nie so stark mit einer Figur identifiziert, dass ich unbedingt wissen wollte, wie es mit ihr weitergeht. Gerade in einem Fantasy-Roman, der von Emotionen, Loyalitäten und Schicksalen lebt, ist das jedoch entscheidend.

Die Welt von Heir of Storm ist durchaus interessant konzipiert – es gibt ein gewisses Maß an Magie, Machtkämpfe und Intrigen. Doch auch hier fehlte mir stellenweise der letzte Schliff, um das Ganze wirklich fesselnd zu machen. Die Schauplätze hätten noch plastischer beschrieben sein können, damit ich sie mir bildhaft vorstellen und mich darin verlieren konnte. Zwar gibt es Passagen, die atmosphärisch gelungen sind, doch insgesamt wirkte die Welt nicht so greifbar und detailreich, dass sie mich vollständig in sich hineingezogen hätte.

Vielleicht liegt es auch daran, dass die Geschichte an einigen Stellen in bekannte Muster verfällt. Es gibt viele klassische Tropes des Genres – ein Erbe, der Sturm, Intrigen, eine drohende Gefahr – und obwohl das alles solide umgesetzt ist, fehlte mir das Überraschungsmoment. Ich habe die Wendungen nicht unbedingt vorhergesehen, doch sie fühlten sich auch nicht so neu oder außergewöhnlich an, dass ich vor Begeisterung weiterblättern wollte. Vieles wirkte auf mich eher wie eine Variation bereits bekannter Geschichten als wie ein ganz eigenes, unverwechselbares Werk.

Das bedeutet jedoch nicht, dass *Heir of Storm* ein schlechtes Buch wäre – ganz im Gegenteil. Es ist handwerklich sauber geschrieben, optisch wunderschön gestaltet und mit einer Geschichte versehen, die für viele Leserinnen und Leser sicherlich spannend und unterhaltsam sein kann. Ich selbst habe nur gemerkt, dass es mich emotional nicht so erreicht hat, wie ich es mir erhofft hatte. Das ist eine sehr subjektive Wahrnehmung: Andere Leser könnten gerade das schätzen, was mir zu vertraut erschien, und sich genau in dieser Welt und mit diesen Figuren sehr wohl fühlen.

Zusammengefasst bleibt für mich ein zwiespältiger Eindruck: *Heir of Storm* ist ein Buch, das man gerne im Regal stehen hat und das man sprachlich durchaus genießen kann. Doch die Geschichte selbst konnte mich nicht packen oder nachhaltig begeistern. Ich hatte nicht den Drang, sofort nach dem nächsten Kapitel zu greifen oder nachts länger wachzubleiben, um unbedingt zu erfahren, wie es ausgeht. Stattdessen habe ich das Buch eher ruhig und distanziert gelesen – interessiert, aber nie wirklich gefesselt.

Wer auf der Suche nach einem optisch beeindruckenden Werk mit einem leichten, gut lesbaren Stil ist, wird hier sicher glücklich werden. Wer allerdings eine Geschichte erwartet, die einen von der ersten bis zur letzten Seite in Atem hält, könnte am Ende ähnlich wie ich etwas unbefriedigt zurückbleiben.