Zum Nachtisch Liebesgeschichten

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la calavera catrina Avatar

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Für das junge Eichhörnchen ist es der erste Herbst, der sich ankündigt. Die Blätter fallen vom Baum und die Tiere auf der Lichtung haben alle zutun. Also macht sich auch das Eichhörnchen an die Wintervorbereitung. Als es seine Nuss sicher in einer Höhle verstecken will, lernt es einen Drachen kennen, der dort jahrhundertelang geschlafen hat. Vor dem Drachen stellt es sich ein bisschen anders dar, als es eigentlich ist, denn es möchte ein Held sein und Anerkennung von den anderen Tieren erhalten. Die haben Angst vor dem Drachen und beauftragen das Eichhörnchen kurzerhand, den Drachen ganz weit weg zu bringen. Also brechen Eichhörnchen und Drache zum Ende der Welt auf, um nach anderen Drachen zu suchen, während das Eichhörnchen seine wahren Absichten verschweigt.


Warum dies eines der schönsten Kinderbücher ist, die ich in letzter Zeit gelesen habe? Weil "Heldenhörnchen und Drachenfreund" mit kindlicher Beobachtungsgabe eine Identifikationsfigur schafft, die ganz unbefangen eine Menge über die Welt lernt und lehrt. Das kleine Eichhörnchen begegnet auf dieser Heldenreise nicht nur anderen, sondern auch sich selbst.

„Das Eichhörnchen mag den Gedanken, sich ganz unbemerkt selbst
begegnet zu sein und sich von nun an immer dabeizuhaben.“

Der Drache hingegen hat eine ganze Menge mehr Lebenserfahrung und wirkt sehr ausgleichend und vorbildlich auf das quirlige Eichhörnchen ein, das sich auch immer viele Gedanken um alles macht. Auch Angst und andere Gefühle, mit den entsprechenden Körperwahrnehmungen, werden geradeheraus und aufschlussreich benannt. Die Charaktere sind sehr liebenswert und es gibt viele schöne Details. Generell ist dies keine actionreiche Geschichte, sondern ein sehr themenvielfältiges Buch, beinahe poetisch geschrieben, mit einer authentische Heldenentwicklung und vielen „zum ersten Mal“-Momenten aus der Sicht von Tieren.
Hier stehen Freundschaft, Selbstfindung und Zugehörigkeit im Mittelpunkt. Es geht um die Kraftentfaltung von Geschichten, Vertrauen, Verständnis füreinander, aber auch um Vorverurteilung, Ausgrenzung und Anderssein. Dazu die stimmige Atmosphäre des Waldes und die funkelnden Sterne in der Nacht. Die Dialogdichte ist sehr ausgeglichen. Oft taucht man auch nur mit dem Eichhörnchen ins Geschehen ein.

Die farbigen Illustrationen ergänzen den Text, wenn auch nicht so detailliert, wie auf dem Cover - nur manchmal mit Hintergrund. Auffällig ist, dass auch hier das kleine Eichhörnchen in den Fokus gerückt wird und Gefühle und Gedanken (auf kreative Weise) eingefangen werden.

Dieses besondere Kinderbuch ist viel tiefsinniger, als es den Anschein macht und bietet viel Gesprächsstoff, ohne zu anspruchsvoll zu sein. Wer unterschwellige schöne Botschaften, kleine Weisheiten und kluge Sätze liebt, wird es mögen. Es ist aber auch einfach eine schöne und unterhaltsame Geschichte, deshalb eignet sie sich auch zum abendlichen Vorlesen vor dem Einschlafen.

Wenn ich könnte, würde ich mehr als fünf Sterne geben, denn dieses Buch hat mich sehr begeistert und ich bin überzeugt, hier werden Kinder und Erwachsene gleichermaßen das großartige Potenzial erkennen, das diese Geschichte auszeichnet.