Am falschen Ort das Richtige finden

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emmmbeee Avatar

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Wie so oft bei älteren Menschen, richten sich auch Annas Gedanken in die Vergangenheit, speziell auf eine zerbrochene Liebe in jungen Jahren. Eine grosse Lüge wurde jahrzehntelang aufrechterhalten, doch nun will Anna Klarheit schaffen, auch aus notariellen Gründen.
Zu diesem Zweck schickt sie ihre süddeutsche Nichte Frederike mit einem Brief nach Lappland, damit sie ihn dem alten Petter Svakko überbringt. Doch warum ausgerechnet Frederike, die doch genug mit sich selbst zu tun hat, da sie frisch geschieden ist?
Mit ihrem VW-Bus macht sie sich auf in die Weite und Einsamkeit eines stillen Landes und stellt sich der schwierigen Aufgabe, den Mann, der ihr Vater sein soll, aufzustöbern. Nicht zuletzt muss sie sich dem eigenen Scheitern stellen und ihr Selbstvertrauen wiederfinden.
Durch die Augen von Anna und Frederike gesehen, betritt der Leser Schritt für Schritt nicht nur ein faszinierendes Land, sondern auch eine längst vergangene, doch unvergessene Liebesgeschichte. Weitere Personen, teils schon verstorben, mischen das Geschehen zusätzlich auf. In den Fehlern der Protagonisten wird sich so mancher selbst erkennen und mit Empathie dem Verlauf der Geschichte folgen.
Hiltrud Baier weiss, worüber sie schreibt, kennt sie doch ihre Wahlheimat Schweden fast ebenso gut wie ihr Deutschland. Und indem eine Immigrantin das Land ein wenig anders sieht und schildert, als dies die Einheimischen tun würden, ergibt sich für den Leser ein ganz feiner, aber interessanter Unterschied.
Die lebendige Sprache, der lockere Stil, eine farbige Erzählweise und zwei ineinander verwobene Handlungsstränge mit viel Drive machen das Lesen zum Vergnügen. Der Roman ist so richtig das, was man sommerliches Lesefutter nennt, wozu wesentlich die grosse Schrift beiträgt.
Ich empfehle "Helle Tage, helle Nächte" vor allem jenen Menschen, die Skandinavien mögen und sich nicht nur gedanklich gern in Schweden aufhalten.