Multiperspektivische Erzählung über Freundinnenschaft, Sehnsucht und Selbstbestimmung

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lesestress Avatar

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»Ich nehme an, später nimmt sie auch ihren Mutterschutz und die Elternzeit komplett in Anspruch und geht dann mit einer saftigen Abfindung in Rente. Die glaubt, sie verdient fürs Kinderkriegen einen Orden. Wirklich eine Schande für jede Frau.«

»Hello Baby« von Kim Eui-kyung ist ein eindrucksvoller Roman, der den gesellschaftlichen Druck auf Frauen, Mütter zu werden, thematisiert. Ihre Geschichte folgt sechs Frauen, die sich in einer Fruchtbarkeitsklinik in Seoul kennenlernen und sich über einen Gruppenchat namens »Hello Baby« anfreunden. Jede von ihnen kämpft mit eigenen Herausforderungen, die in jeweils persönlichen Kapiteln erzählt werden: Alter, Vorerkrankungen und Beruf werden zusammen mit gesellschaftlichen Erwartungen aufgeschlüsselt. So entsteht eine multiperspektivische Erzählung über Freundinnenschaft, Sehnsucht und Selbstbestimmung:

Munjeong, eine 44-jährige Journalistin, wird mit der Realität ihres Alters konfrontiert, während Hyekyoung, eine erfolgreiche Anwältin, unter dem Druck ihrer Familie leidet. Jiun muss sich mit der Unfruchtbarkeit ihres Mannes auseinandersetzen, und Sora, eine Tierärztin, erwägt eine Samenspende, stößt jedoch auf rechtliche Hürden. Unha, eine Polizistin, wird mit familiären Erwartungen konfrontiert, und Jeonghyo, die älteste der Gruppe, verschwindet nach zahlreichen erfolglosen IVF-Versuchen spurlos – bis sie sich ein Jahr später im Chat meldet, weil sie ein Baby bekommen hat …

Kim Eui-kyung gelingt es, die emotionalen und gesellschaftlichen Herausforderungen, denen Frauen in patriarchalen Strukturen gegenüberstehen, sensibel und eindringlich zu schildern. Dabei macht sie sowohl individuelle Schicksale als auch Kollektiverfahrungen sichtbar. Wenig verwunderlich, dass »Hello Baby« in Südkorea ein Bestseller ist und seit seiner Veröffentlichung als feministisches Werk gefeiert wird, das, dank der Übersetzung von Inwon Park, nun auch einem deutschen Publikum zugänglich ist!

»Hello Baby« ist ein bewegendes Porträt über die Bedeutung im Heute eine Frau zu sein, und ein eindrucksvolles Plädoyer für Empathie und Schwesternschaft. Ich habe das Buch jedenfalls sehr gern gelesen und hätte mir nur noch weitere, tiefere Ausführungen gewünscht. Hoffentlich werden noch weitere Romane von Kim Eui-kyung ins Deutsche übertragen!