Mutterschaft und unerfüllter Kinderwunsch

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christina19 Avatar

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Als ihr Handy aufblinkt, liest Munjeong eine Nachricht in einem ihrer Gruppenchats. Sie hatte die Gruppe gegründet, um sich mit Frauen auszutauschen, die wie sie die Kinderwunschklinik besuchen. Regelmäßig teilen sie hier Updates über Erfolge und Misserfolge ihrer IVF-Behandlung. Nun soll ausgerechnet Yeonghyo, die sich seit über einem Jahr nicht mehr gemeldet hatte, ein Baby bekommen haben. So sehr sich die Frauen für ihre Freundin freuen, wirft der plötzliche Nachwuchs jedoch auch einige Fragen auf. …

„Hello Baby“ rückt die Themen Mutterschaft sowie den unerfüllten Kinderwunsch in den Fokus. Die Autorin Kim Eui-kyung, selbst einstige Patientin einer Kinderwunschklinik, schreibt in ihrem Roman von sechs Frauen über 35 Jahren, die ihr Schicksal eint: Keine von ihnen kann auf natürlichem Wege schwanger werden. In jedem Kapitel des Romans steht eine der Frauen im Mittelpunkt, was das Lesen abwechslungsreich macht. Schon lange habe ich kein Buch mehr so schnell beendet wie dieses! Die einzelnen Geschichten sind dabei höchst unterschiedlich: Die Frauen entstammen unterschiedlichen gesellschaftlichen Schichten. Einige verspüren einen sehr starken Kinderwunsch, andere sind sich hinsichtlich der eigenen Mutterschaft nicht ganz sicher. Die Ursachen, weshalb es nicht auf natürliche Weise klappt, sind vielfältig. Auch die Art, wie die jeweiligen Partner der Patientinnen mit dem Thema umgehen, unterscheidet sich voneinander. Während einige der Männer offen über die eigene Unfruchtbarkeit sprechen und ihre Frauen zu den Behandlungen in der Klinik begleiten, zeigen andere Scham und unterstützen ihre Partnerinnen kaum. Ich mochte es sehr, wie die einzelnen Charaktere und ihre Lebenswege gezeichnet waren, da ich diese als sehr authentisch empfunden habe.
Neben der eigentlichen Handlung beschreibt die Autorin alle Schritte einer IVF-Behandlung, die für Frauen gegenüber ihren Männern physisch und teilweise auch psychisch kräftezehrender und schmerzhafter sind. Dabei fängt sie die Emotionen der Patientinnen gekonnt ein: Hoffnung, Unsicherheit, Sorge und Verzweiflung hinsichtlich des eigenen Kinderwunsches. Mitgefühl, Freude oder Neid bezüglich der Behandlungen ihrer Mitstreiterinnen.
Obwohl das Ende schon früh abzusehen war, hat mich die Geschichte an keiner Stelle gelangweilt. Viel zu interessant war es, wie die Autorin sich zwischen den Zeilen der Frage gewidmet hat, ob Mutterschaft zwingend zum Frau-Sein gehört. Aus meiner Sicht schließt sie mit der Feststellung, dass sich niemand den familiären oder gesellschaftlichen Erwartungen beugen sollte, sondern jede Frau für sich entscheiden darf, worauf sie den eigenen Lebensentwurf ausrichtet.