Roman vs Reportage

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q5helgi Avatar

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Das Thema – Geschichten vor der Schwangerschaft – ist vor allem für Koreaner brisant. Doch der Roman besteht aus verschiedenen Perspektiven von Protagonistinnen und ihren Erfahrungen in einer Kinderwunschklinik. Diese gleicht weniger einem Roman als vielmehr einer Reportage oder einer Sammlung fiktiver Biografien.

Es ist einfach erklärt: Die Figuren sind blass. Oder anders gesagt: Ich konnte sie nicht allein anhand ihrer eigenen Stimme unterscheiden, und es lag mir auch nicht viel daran – denn der Text ist in einem distanzierten, eher förmlichen Stil geschrieben, der keine Beziehung zulässt. Es war, als würde ich in einem Forum über ihre Geschichte lesen – oder in einem Magazin.

Die innere Stimme war ebenfalls weder mitreißend noch spannend. Wenn man nichts über IVF o. Ä. weiß, kann man mithilfe der Geschichten zwar etwas lernen. Doch liegt der Fokus auf den Schwierigkeiten der Frauen, schwanger zu werden, und darauf, was es jeweils in der koreanischen Gesellschaft bedeutet, keine Kinder zu haben – sowie auf der Frage, warum man heutzutage Kinder haben möchte bzw. bekommen sollte. So aktuell das Thema auch ist: Die Geschichten sind nicht originell.

Das Ende fand ich unoriginell. Es war auch die einzige Stelle, an der es sich für mich nicht wie eine Nacherzählung der Erfahrungen der Autorin (die ebenfalls eine Kinderwunschklinik besuchte) mit etwas Schnickschnack las, sondern wie der Versuch, einen Roman zu schreiben, der den emotionalen Konflikt auf einen Höhepunkt treibt.

Doch darauf wird nicht weiter eingegangen. Die letzten 30 Seiten befassen sich gefühlt nur mit dem „schockierenden“ Ende, das in der heutigen Welt sehr klischeehaft wirkt und nicht weiter aufgelöst wird. Es fiel flach aus, da auch die Emotionen ausblieben. Es passierte den fremdgebliebenen Figuren – und löste nicht viel aus.

Denn hier kommt das Ziel der Autorin ins Spiel: Der Roman sollte eine „facettenreiche, lebensnahe Geschichte voller Schmerz, Tränen und Emotionen sein“ (S. 223). Davon habe ich nichts gespürt. Es war ein Text, der aus Folgendem bestand: Name der Figur, Alter (mindestens älter als 35), und so erlebte sie die Klinik…

Zusammenfassend: eine förmliche Berichterstattung mit wenig Gehalt.