Bollywood in Schweden

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adelheid von buch Avatar

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Bei Herzensschwestern geht es um Menschen, die nicht mehr ganz jung sind. Sie haben schon eine Menge erlebt und viel erreicht im Leben. Jetzt sind sie jedoch an Wendepunkten in ihrem Leben angekommen. Eingefahrene Gewohnheiten, gleichförmiger Alltag funktionieren nicht mehr. Sie wollen bzw. müssen sich für eine neue Richtung entscheiden. Das Thema des Romans ist, dass es zu jedem Zeitpunkt im Leben möglich ist, zu überlegen, was man wirklich will. Und dass es zu jedem Zeitpunkt im Leben möglich ist, die Dinge zu gestalten. Das dachte ich zumindest nach der Leseprobe.
Leider war das der beste Teil des Buches. Die bei mir geweckten Erwartungen wurden jedenfalls nicht erfüllt. Ich habe erst nach ca. 200 Seiten begriffen, dass es sich hier um Bollywood in Schweden handelt. Trivialliteratur der reinsten Sorte also. Okay. Damit kenne ich mich überhaupt nicht aus, aber ich konnte mich schließlich darauf eingelassen.
Wir lernen Elsa kennen, die schon 70 ist. Sie will nach dem Tode ihres Mannes, auf den ihr Leben vorher ganz ausgerichtet war, ihre Einsamkeit überwinden. Wir lernen außerdem Isabella kennen, die 50 ist. Sie ist nach unglücklicher Ehe von einem Promi-Mann geschieden und überlegt jetzt, ihre Kosmetik-Firma zu verkaufen. Ihre beste Freundin Carina wurde unerwartet von ihrem Mann verlassen. Und da gibt es noch Sam, der seit einigen Jahren Witwer ist und seine Trauer noch nicht verarbeitet hat. Achja, und dann haben wir noch Siri, die Busenfreundin von Elsa seit Jugendtagen.
Alle sind unheimlich lässig, denn sie haben mehr Geld als sie ausgeben können. Auf „ein paar Millionen mehr“ oder weniger kommt es ihnen nicht an. Sie sind alle furchtbar kosmopolitisch und reisen zwischen Schweden, Großbritannien, USA und Indien hin und her als ob es Nachbardörfer wären. Elsa wird auf dem Flughafen ohnmächtig, von der ihr bis dahin unbekannten Mitreisenden Carina gerettet und mitgenommen zu den Leuten, die Isabella besuchen will. Schon am nächsten Abend wird Elsa zu einem Gala-Diner mitgenommen, weil da noch ein Platz frei ist !? Isabella wirft sich extra in Strapse und High Heeles, nur um in London alleine einen Einkaufsbummel zu machen !? Als das Auto des Immobilien-Maklers, mit dem Sam gerade unterwegs ist, einen Platten hat, kommt (rein zufällig natürlich) gerade Carina vorbei und (natürlich!) hat sie Leute an der Hand, die den Reifen wechseln werden. Sowas machen WIR schließlich nicht selbst. Sam kommt sich unwahrscheinlich edel vor, dass er seinen inzwischen erwachsenen Sohn alleine versorgt hat, ohne irgendwelches Personal dafür einzustellen. Als Elsa mit ihrer alten Freundin Siri eine Reise nach Indien antritt, verschwindet diese direkt am Flughafen dort. Natürlich ist sie entführt worden. Unter dem läuft in dem Buch nichts. Vorfälle dieser Güte gibt es jede Menge. Jede Menge billige Klischees werden bedient. Es geht hauptsächlich um Äußerlichkeiten, wie jeder aussieht und riecht und welche Klamotten getragen werden. Alles ist sehr oberflächlich, naiv und teilweise exaltiert geschrieben. Ich verspürte zuweilen den Drang, beim Lesen den kleinen Finger abzuspreizen. Naja, außerdem verspürte ich ein leichtes Sodbrennen.
Nun passieren im Leben ja hin und wieder merkwürdige Sachen, aber die Häufung solcher „Zufälle“ in der Intensität ist doch eher sehr konstruiert und an den Haaren herbeigezogen, aber wohl typisch für Seifenopern. Die Handlungsstränge sind etwas chaotisch angelegt, so dass es schwierig ist, einen Überblick zu behalten. So wird denn im Text auch immer wieder mal nachgeholfen und zum wiederholten Male erläutert, in welcher Beziehung die gerade agierenden Figuren zueinander stehen.
Am Ende ist dann alles gut. Alle Rätsel sind gelöst, alle Liebespaare haben sich gekriegt, die Bösen sind entlarvt, die Guten sind die Sieger. Für mich ist das nix, aber bestimmt haben zum Beispiel die Fans von GZSZ ihre Freude daran.