Ein harscher Neubeginn

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emmmbeee Avatar

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Ein ansprechendes Cover, in fröhlichen, sommerlichen Farben gehalten, dekorative Jakobsmuscheln und Blüten; ebenfalls gelbe Blätter, die bereits den Herbst, das Ende anklingen lassen, aber in keiner Weise auf Irland deuten.
Kyla hat ohne näheren Augenschein ein Guesthouse an der nördlichen irischen Küste nahe den Orkneys gekauft und will sich damit den Traum von Selbständigkeit erfüllen. Doch die Renovationen verlaufen nicht so, wie sie es nicht vorgestellt hat, und bereits der erste Gast erweist sich als schwer zu knackende Nuss. Natürlich kommen Situationen, in denen Kyle und Ryan sich näherkommen, und ein ständiges Auf und Ab muss für einen unterhaltsamen Plot vorhanden sein.
Gleich zu Beginn gibt es eine etwas heftige Begegnung, samt strömendem Regen und Auffahrunfall. Auch das unerwartete Licht im vermeintlich leeren Haus sorgt für Herzklopfen. Bald darauf erfolgt ein erneutes feindliches Aufeinandertreffen inklusive Schürhaken und Kerzenständer als Waffen.
Eigentlich tönt hier ein Traum an, den bestimmt viele von uns heimlich hegen: weggehen und neu beginnen, etwas Neues schaffen und kreativ sein, am liebsten in der jeweiligen Lieblingslandschaft. Dass es nicht beim blossen Traum bleiben muss, dass sich dieser aber keineswegs als bequem erweist, zeigt «Herzmuscheln». Die Autorin führt uns mitten in eine raue Landschaft und in laufende Auseinandersetzungen zwischen den beiden Protagonisten Kyla und Ryan, dazu schwierige Arbeiten am Haus und knifflige Situationen im Umgang mit anderen Leuten.
Zwar entsteht von Beginn an ein gewisser Sog, von dem man sich gern mitreissen lässt, und die Übersetzung erfreut mit einer flüssigen Sprache. Dazu kommen sympathische Personen wie Rupert und hineingestreuter Humor, welche die Sprachtextur luftig und locker gestalten.
Trotzdem lässt das Erzählniveau etwas nach, durch manche Seiten muss man sich regelrecht durchkämpfen. Manchmal kam mir der Handlungsablauf vor, als sei er durch Legoklötzchen vorgebaut worden, wenn ihr versteht, was ich meine. Der aufmerksame Leser ahnt, was ihn im nächsten Kapitel erwartet, und meist liegt er nicht weit daneben. Am liebsten hätte ich den einen oder anderen Textbaustein gelockert, wenn nicht gar herausgebrochen und die anspruchslose Story mit einem Stups in eine andere, unerwartete Richtung gelenkt. Eine leichte Sommerlektüre fürs Gemüt, viel mehr ist es in meinen Augen leider nicht.