Enttäuschend

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hiclaire Avatar

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Diesem neuen Krimi von Stefan Ahnhem habe ich entgegen gefiebert, seit ich „Und morgen du“ zugeklappt habe. Die Leseprobe und auch der interessante Prolog ließen mich auf ein ähnlich spannendes Lesevergnügen hoffen, doch diese Hoffnung erfüllte sich leider nicht. Ich kann es immer noch nicht so richtig fassen, wie unterschiedlich diese beiden Bücher auf mich gewirkt haben - als wären sie von verschiedenen Autoren geschrieben.

Über den Inhalt lässt sich nicht viel sagen, ohne die Überraschungen zu nehmen. Es passiert unglaublich viel, und das ist jetzt nicht positiv gemeint. Ich halte diesen Krimi in nahezu jeder Hinsicht für völlig überfrachtet und würde ihn auch eher als Thriller denn als Kriminalroman bezeichnen. Denn die Ermittlungen sind zeitweise von einem wilden Aktionismus geprägt, den man eher dem Thriller-Genre zuordnen könnte, und außerdem bin ich dort eher bereit mangelnde Glaubwürdigkeit zu entschuldigen ;).

Es mag Autoren geben, die es beherrschen mehrere parallele Handlungsstränge so zu gestalten, dass sie auch für den Leser verständlich und nachvollziehbar sind, doch Stefan Ahnhem ist das hier nicht gelungen. Zu viele Ermittler folgen zu vielen Spuren, Brutalität und Perversion finden sich in einem solchen Übermaß, dass es schon ans Absurde grenzt. Auch die fortwährenden Cliffhanger am Ende der kurzen Kapitel haben bei mir keineswegs die Spannung erhöht, sondern ganz im Gegenteil eher genervt, weil ich die meiste Zeit nicht wusste, worauf der Autor mit seinen kryptischen Andeutungen hinauswollte.

Trotz aller Frustration muss ich konstatieren, dass die so lange unverständlich und zusammenhanglos erscheinenden Komponenten schlüssig verknüpft werden. Was sich am Ende als Grundthema und ethisch moralische Frage herausschält, halte ich für eine richtig gute Romanidee. Sehr schade, dass nicht mehr daraus gemacht wurde (bzw. weniger, je nachdem wie man es sieht *g*).

Auch die Ermittler konnten mich hier als Figuren nicht überzeugen. Ihre Alleingänge scheinen mir zum großen Teil unglaubwürdig und in erster Linie vordergründiger Spannung geschuldet (wieder Thema Krimi oder Thriller) .Wie unverantwortlich sich Risk seiner Familie gegenüber verhält, welche Risiken seine Kollegin Malin trotz ihrer fortgeschrittenen Schwangerschaft eingeht finde ich schon extrem seltsam, und auch Dunja Hougaard agiert teilweise grenzwertig.

Jetzt, da ich das Buch gelesen habe, kann ich sagen, dass der ursprüngliche Titel (Was dir nicht gehört) perfekt gepasst hätte. Herzsammler ist nicht nur simpel und plakativ, sondern geht am Kern der Geschichte vorbei. Es ist vielleicht verständlich, aber trotzdem überaus schade, dass man von Verlagsseite immer nur darauf schaut, wonach die Leute wohl am ehesten greifen würden.

Wichtig wäre noch zu sagen, dass es sich bei „Herzsammler“ um Band 2 der Reihe mit Fabian Risk, handelt, der aber zeitlich vor Band 1 „Und morgen du“ spielt. Obwohl es sich manchmal etwas komisch anfühlt, dass man bei so manchen Dingen bereits weiß, wie sie sich entwickeln werden, hat mich das nicht so sehr gestört. Aber ich finde es überhaupt nicht gut, dass es in Kurzbeschreibung und Klappentext keinerlei Hinweis darauf gibt!