Ein Blumenstrauß an Emotionen

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herr_rabowski Avatar

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Einen bunten Blumenstrauß an Emotionen hat das Schmökern in diesem Buch mir geschenkt. Von Wut über Resignation zu Hoffnung, Entrüstung und Erwartung, Freude und Trauer, Empörung und Erleichterung.
Es lohnt sich über das Leben von Suchenden zu Lesen. Städter, die aufs Land ziehen. Vom Trubel in Hamburg in das Idyll der ländlichen Umgebung. Die Suche nach Ruhe und Ankommen trifft im Leben jeden wohl mindestens einmal. Doch die Realität entpuppt sich meist so anders als die Wunschvorstellung. Martina Behm hat für diese Beobachtungen treffsicher die richtigen Worte gefunden.
Die Beziehung zwischen Lara und Ingo ist durch den Umzug aufs Land einer neuen Zerreißprobe ausgesetzt. Vor Problemen kann man nur bedingt fliehen. Vieles nimmt man mit. Neue Herausforderungen entstehen an neuen Orten unter neuen Lebensumständen.
Das Verhalten mancher Charaktere hat mich regelrecht in Rage versetzt. Ein Ingo, der so egoistisch wie scheinbar „männlich“ daher kommt. Die Bedürfnisse seiner Frau nicht erkennen möchte. Tove, die in ihrem Leben mit Enno feststeckt. Für die man sich wünscht, dass sie einen Weg in die Freiheit finden kann. Armin und Jutta, die so frei wirken und doch ganz eigene Sorgen und Wünsche haben. Uwe, der die Erfüllung für sich vielleicht auf einem ganz anderen Weg gefunden hat. Die junge Generation, die sich im Gesamtkonstrukt suchen, orientieren und finden muss. So viele Menschen und Tiere kreuzen in dieser Geschichte ihre Wege.
Den Zusammenhalt in einer Dorfgemeinschaft und wie unfassbar wichtig es ist, die vielen verschiedenen Charaktere und Lebensentwürfe der Einzelnen zu sehen und zu respektieren, hat die Autorin wunderbar dargestellt. Die überfahrene Hirschkuh und der Schatten, den dieses Ereignis über die folgenden Monate wirft, zieht sich als roter Faden durch die ganze Geschichte. Es gab die Neugierigen, die Allwissenden, die Unbelehrbaren, die Alternativen, die Unbedarften und die Alteingesessenen.
Gelesen hat sich das alles sehr flüssig, schnörkellos und leicht. Auf dem Cover ruht die Natur wie in der Geschichte. Dennoch hat die Lektüre mir keine völlig neuen Ansatzpunkt oder Blickwinkel vermittelt. Kleine Spitzen setzt Martin Behm gezielt und trotzdem unterschwellig. Viele Personen entwickeln ihre Denkweise weiter und ziehen Entschlüsse, wagen Veränderung für ihr Leben. Das hat mir gefallen. Den Mut vermittelt zu bekommen, den es braucht, um sein Leben zu gestalten. Es war alles in allem wohlig, heimelig und schön, aber auch frustrierend und herausfordernd, diesen Roman zu lesen und einzutauchen, mal abzuschalten vom eigenen Alltag. Dafür kann ich dieses Buch empfehlen.