Alle achtzig Minuten zwei Glühwürmchen im Garten

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la calavera catrina Avatar

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„Es war einmal, da war die Schwerkraft noch nicht so schwer. Da war unser Lachen noch ohne das Summen zwischen den Atomen.“

Die „Snack-Jedis“ Toni-Pepperoni und ihre liebste Pommesfreundin
YumYum zelten gemeinsam im Garten. Ihre Mission: Kontaktaufnahme mit Mama, denn Tonis Mutter ist an Krebs verstorben und YumYum ist überzeugt, sie ist irgendwo da draußen, denn „im Universum geht keine Energie verloren“. YumYum ist nämlich sehr wissbegierig und durchforstet das Internet nach Informationen „wie die kleine Raupe Nimmersatt“. „Wusstest du…?“ ist mit Abstand ihr Lieblingseinstieg in einen Satz. Mit einer Anleitung haben beide heimlich ein kosmisches Radio gebaut und funken mit ihren Walkie Talkies himmelwärts. Als sich dann überraschend eine Astronautin von der ISS meldet, können die beiden es kaum glauben. Neugierig stellen sie Zanna alle möglichen Fragen und lernen eine Menge über gefährliche Chips, schwerelosen Salat, wie sehr man die Erde vermissen kann und schließlich kommen sie auch auf den Tod zu sprechen, über den sonst keiner reden will: „Der Tod ist wie Lava.“

Erzählt wird in der Ich-Perspektive von Toni, die sich auch immer mal wieder direkt an ihre Leserschaft wendet. Denn Toni schreibt alles auf, weil sie die Erinnerungen an ihre Mutter nicht vergessen will. Deswegen schweifen ihre Gedanken immer wieder zu ihrer Mutter ab und in „Tonis Notizbuch“ erinnert sie sich an gemeinsame Momente und den Abschied. Dieser einfühlsam dargestellte Verlauf der Gedanken und die Taubheit und Schwere, macht Tonis seelischen Zustand erlebbar. „So als wären meine Gedanken eine fremde Stadt, […] und ich finde nicht mehr nach Hause.“

Das Erleben von Verlust und das Festhalten an der Vergangenheit ist allgegenwärtig, immer wieder abgelöst von Momenten der Leichtigkeit und Freunde in der Gegenwart. In diesem kleinen Zeit- und Handlungsrahmen passiert eine Menge, ohne das die Kinder das Zelt verlassen. Es geht um Freundschaft, Trauer, auch um überfürsorgliche Kontrolle und Angst, die Weiten des Universums und das Menschsein. Mit schönen mutmachenden und trostspendenden Botschaften, die ganz mühelos einfließen, wie der Wobbeltanz, der alles Schwere abschüttelt.

Die farbigen Illustrationen sind grandios gestaltet und haben mir sehr gefallen. Sie fügen sich perfekt ins Buch ein. Jede von ihnen ist eine kreative Überraschung. „Tonis Notizbuch“ hat zudem eine farbliche Wiedererkennung. Besonders toll fand ich das Totoro-Onesie und das Mama-Regal. Der Text ist ebenso kreativ und begeistert mit Wortzusammensetzungen, vielen Ideen und witzigen Dialogen. Deswegen ist "Himmelwärts" auch nicht unangenehm bedrückend, sondern tiefsinnig, philosophisch, lebendig, lustig, lehrreich und klug. Eine besondere Liebeserklärung an die Erde und das Leben. So tröstlich, bereichernd und schön. Ganz große Leseempfehlung, für diese besondere Gefühlsachterbahn.