"Es war einmal, da war die Schwerkraft noch nicht so schwer..." (S. 56)

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angie99 Avatar

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„Himmelwärts“ hat geschafft, was nur wenige können: Es hat mich zu Tränen gerührt. Denn Toni-Peperoni hat schwere Vermissung – und Karen Köhler beschreibt diese so intensiv, nah und einfühlsam, dass die Leere, die Tonis Mutter hinterlassen hat, alleine beim Lesen schmerzt.

„Ich lasse die Bären in meine Augen rein, lasse den ganzen Nachthimmel in mich sinken, da überrollt mich eine Vermissungswelle, und ich weiß nicht, wie ich sie surfen soll. (…) Meine Ohne-Mama-Muskeln strengen sich richtig an, aber: Da ist ein Loch in der Welt, das genau Mamas Konturen hat.“ (S. 45)

Nein, es gibt in diesem Buch nicht nur Trauriges. Es gibt auch beste Freundin YumYum, ein kosmisches Radio, Erlebnisperlen auf Lakritzschnecken, Snackgeheimhaltung, Sternschnuppensichtung und Grasfühlung.

„YumYum ist wie die kleine Raupe Nimmersatt, aber mit Information statt mit Birnen und Pflaumen. (…) Sie macht jeden Tag unzählige Wikipediatrampelpfade ins Internet. Manchmal gucken wir Videos auf Youtube, und dann sagt sie, ich versaue ihr mit meinen Elfantenbabyvideos den Algorithmus (<- voll das schwere Wort, muss jedes Mal googeln, wie man das schreibt).“ (S. 35)

Karen Köhler navigiert ihre Leserschaft mit charmanten Sprachwitz in einem Kapitel-Countdown von 10 bis 0 durch die gesamte Gefühlspalette. Wo mich die Autorin in „Wir haben Raketen geangelt“ mit ihrem flapsigen Schreibstil nicht ganz erreicht hat, fand ich hier jede ihrer Wortschöpfungen innovativ und bereichernd.
Allerdings: „Himmelwärts“ ist nicht Ponyhof. Nicht nur, dass der Tod ein wichtiges, aber auch sensibles Thema ist, das nicht jedes Kind gleich gut verkraftet, so ist auch die unkonventionelle, nicht leicht zugängliche Erzählweise ein Grund, warum ich dieses Buch frühstens ab dem Teeniealter (und nicht ab 10 Jahren) empfehlen würde. – Dann aber wärmstens!

Hier entfaltet sich eine sehr tiefgründige Geschichte, die es schafft, schön, tröstlich, traurig und schön traurig zugleich zu sein. Ein unvergessliches Leseerlebnis!

„Sehr geehrter Tod. (...) Wir geben uns hier richtig Mühe mit dem Sterben, und ich dachte, vielleicht könnten Sie mal einen Blick darauf werfen, wie viel Liebe wir hier am Start haben als Familie. Und vielleicht erweicht das ja Ihr Herz ein bisschen?" (S. 168)