Wie exakt perfekt kann man den Bogen zw. Humor und Philosophie spannen? Karen Köhler: JA! Himmelwärts!

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naapuri Avatar

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"Guck, meine Hände werden von den Chips magnetisch angezogen. Und dann wollen die alle da rein, die können gar nicht anders, als.... von meinem chipsnetischen Mund aufgegessen werden." (Toni, S. 41)

Die beiden Freundinnen Toni & YumYum verbringen vollgepackt mit Snacks und Limo eine Nacht im Zelt in Tonis Garten, sie nehmen uns mit in ein Abenteuer, das unseres hätte sein können. Doch Toni und YumYum sind auf ihre besondere Art und Weise anders: YumYum ist ein Weltraumgenie, das eine Antenne gebaut hat, um zu Tonis Mutter zu funken. Denn die ist verstorben und Toni hat größte Mama Vermissung:

"da glimmt ein kleines bisschen Hoffnung, dass YumYum recht hat und Mama nicht einfach weg sein kann, weil im Universum keine Energie verloren geht. Und ich höre mich flüstern: "Mama. Wenn es dich da draußen irgendwie noch gibt, als Bärin oder Schreibtischlampe oder was weiß ich, dann gib mir ein Zeichen. Bitte. Bitte. Bit..."
WWUUSSHHHH
Hast du das gesehen? Hast du?! Nicht? Plötzlich rauschte dieses gigantische Sternschnuppe über den Abendhimmel. Diese megagigantische Megagigaultra-Sternpchnuppe. .... Du kannst dir nicht vorstellen, wie schön das war. Mir steht immer noch der Mund offen. Ein Zeichen! Von Mama! Ein Zeichen!"

Wir fiebern mit den beiden Mädchen durch die Nacht, Toni nimmt uns im Laufe der Geschichte durch Noitzbuch-Einträge immer wieder mit in die Zeit bevor ihre Mama gestorben ist und wir bekommen Einblicke in eine besondere Mutter-Tochter-Beziehung voller Humor und Warmherzigkeit.

Und plötzlich geschieht das Unfassbare: Sie erhalten Antwort aus dem All. Nicht von Tonis Mama, sondern von Zanna, einer echten Weltraumastronautin. Von ihr erfahren sie Wissenswertes rund ums Weltall, aber auch wie wunderschön das Leben auf der Erde ist und was sie, Zanna, wiederum an Alltäglichem vermisst, wenn sie für lange Zeit im Weltall ist.

Karen Köhler schafft es auf unfassbar gefühlvolle Weise zwei Mädchen zu zeichnen, die zwischen kindlichem Humor (der auch für Erwachsene urkomisch ist) und den großen philosophischen Fragen (die auch wir Erwachsene uns nach wie vor stellen) hin- und her tanzen. Das Buch ist meiner Meinung nicht nur etwas für Kinder ab ca. 10 oder 11 Jahren, sondern auch für die inneren Kinder in uns Erwachsenen, die vielleicht jemanden verloren hat und manchmal himmelwärts starren, in der Hoffnung auf ein Zeichen. Sowohl Kinder als auch Erwachsene sollten auf Gefühlsausbrüche vorbereitet sein, vor allem das Ende des Buchs benötigte bei mir eine Packung Taschentücher. Ich würde die Lektüre allerdings nicht missen wollen - es hat mich tief berührt und das Buch ist eine Empfehlung für alle, die sich gerade in Trauerphasen befinden.

Besonders beeindruckt hat mich der Sprachstil von Karen Köhler, das Hin- und Herspringen zwischen großartigem Humor und Empathie für die Welt eines trauernden Kindes. Die Charaktere sind liebenswert: Wir fühlen mit, mit dem Vater von Toni, der manchmal streng, aber vor allem daran interessiert ist, trotz der eigenen Trauer für seine Tochter da zu sein. Wir erfreuen uns an der blitzgescheiten besten Freundin YumYum, die trotz oder gerade dank ihrer Nerdigkeit die perfekte Trauerunterstützung für Toni ist. Und Toni schließen wir sowieso sofort ins Herz, ebenso ihre Mutter, von der wir durch die Noitzbucheinträge immer wieder erfahren, woher Toni ihren Sinn für Humor hat.

Mich hat das Buch sofort aufgrund seines Titels in den Bann bezogen sowie der Illustration auf dem Cover. Bea Davies' Zeichnungen machen uns sofort zum stillen Beobachter im dunklen Garten und auch wenn die Zeichnungen eher dunkel sind, so zeugen sie doch von einer Warmherzigkeit und Verständnis für die Geschichte von Toni.

Ich kann - und habe - das Buch schon mehr weiterempfohlen - sowohl Erwachsenen als auch Kindern und bin überzeugt, dass fast niemand dieses Buch emotionslos oder gelangweilt aus der Hand legt.