Wenn der Wind weht ...

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regenprinz Avatar

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Die Leseprobe hatte nicht zu viel versprochen - die Fortsetzung von "Chocolat" hat mir wirklich gut gefallen. Das Buch liest sich leicht und über allem scheint ein feiner Zauber zu liegen, wenn der magische Wind weht und die Gefühle und Sehnsüchte der Menschen aufgewirbelt werden.
Sehr, sehr oft hatte ich beim Lesen auch die Filmbilder in Erinnerung, denn die Geschichte knüpft wunderbar an den ersten Teil an, auch wenn mittlerweile einige Jahre vergangen sind und nicht alle Figuren mehr leben.
So z.B. Armande, deren Brief Vianne in Paris erst bekommt, als die Freundin schon lange tot ist. Doch Armandes Ruf verhallt nicht ungehört und Vianne kehrt mit ihren beiden Töchtern zurück nach Lansquenet, jenes Dorf, in dem sie damals ihre Chocolaterie eröffnete und eine Art Krieg mit dem Priester auslöste. Einiges hat sich verändert dort, vor allem der Priester ist nicht mehr derselbe. Die aus seiner Sicht erzählten Passagen machen es dem Leser leicht, sich in ihn hineinzuversetzen. Und Vianne ist mir so sympathisch wie bisher mit ihrem Bemühen, ein bisschen Zauber ins Leben der Menschen um sie herum zu bringen. Schön auch, wie fantasievoll das alles umgesetzt wird - nicht nur mit den besonderen Schokoladenkreationen Viannes oder sonstigen kulinarischen Genüssen (ihre Pfirsichmarmelade hätte ich ja sooooo gerne mal probiert ...), sondern z.B. auch mit Pantoufle und Bam, den teilweise auch für andere sichtbaren Fantasiebegleitern ihrer Töchter.
Die Spannung im Buch ist eher verhalten und entsteht aus dem Geheimnis, das die schwarzgekleidete Inez umgibt, sowie aus den sich anbahnenden Unruhen und Feindseligkeiten der beiden Parteien im Dorf. Hier fand ich das Buch teilweise überraschend politisch für einen sonst eher "zauberhaften" Schmöker. Sehr gut fand ich auch, wie all die Frauen und ihre Motive dargestellt sind. Es war schön zu lesen, wie Verständnis füreinander entsteht und Versöhnung möglich sein kann - nicht nur zwischen verschiedenen Religionsgruppen, sondern z.B. auch zwischen Alt und Jung. Wobei gerade die ganz alten Menschen bei Joanne Harris sehr eigene, kluge und liebenswerte Persönlichkeiten mit viel Humor sind. Und ihr Erzählstil ist einfach nur gelungen - da schwingt so viel Poesie in den Beschreibungen mit, dass man beim Lesen alles perfekt wahrnehmen kann!
Fazit: Dieses Buch hat mir rundum gut gefallen - ein schöner Schmöker mit besonderer Atmosphäre und einer wichtigen Botschaft.