Erzählte Lebensgeschichte
Erzählte Lebensgeschichte. Allerdings nicht so ganz. Wohl eher autofiktional. Dreißig Jahre nach der blutigen Niederschlagung der studentischen Proteste auf dem Platz des Himmlischen Friedens entschließt sich die in Kanada lebende Chinesin Lai Wen, von den Ereignissen, bei denen sie als Studentin selbst Zeugin war, zu berichten; dies mit den Freiheiten einer Autorin und ihres durch Elena Ferrante inspirierten Erstlings. Die schrecklichen Ereignisse auf dem Platz des Himmlischen Friedens sind aber lediglich der Schlusspunkt einer beeindruckenden Lebenserzählung. Lai Wen widmet ihrer rebellischen Großmutter eine große Aufmerksamkeit, beschreibt empathisch ihren durch seine schlechten Erfahrungen mit dem Regime 'still gewordenen' Vater, gibt ihrer Mutter die Rolle derjenigen, die mit einer gewissen Strenge und Forderung nach Anpassung die Familie zu schützen beabsichtigt. Lai Wen beschreibt ihre Erfahrungen als Heranwachsende, zunächst einmal wenig selbstbewusste Person; wir begleiten sie durch ihre Schulzeit hindurch und wie sie ihre ersten Erfahrungen mit der Liebe macht, wie sie schließlich als Studentin auf eine Gruppe von Menschen stößt, die ihren ganz eigenen Weg gehen, der eben nicht der Weg der Anpassung ist, wie sie in Anne eine bewunderte Freundin trifft, die sich am Tag X den Panzern des totalitären Statswesens entgegenstellt. Lai Wen macht mit ihrem Buch Geschichte erlebbar - gegen das Vergessen. Ein wichtiges und anrührendes Buch.