Ruhig und atmosphärisch

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„Himmlischer Frieden“ ist eines dieser Bücher, die sich kaum in eine Schublade stecken lassen – und genau das macht es so spannend. Lai Wen schreibt mit einer Mischung aus Klarheit und Tiefe, die einen sofort in den Bann zieht. Es geht um persönliche Erinnerung, politische Repression und das, was zwischen den Zeilen einer offiziellen Geschichte verschwindet.

Im Zentrum steht das Tiananmen-Massaker, jedoch nicht in Form eines historischen Tatsachenberichts. Vielmehr erleben wir, wie dieses Ereignis in das Leben eines Einzelnen hineinschneidet – auf leise, aber eindringliche Weise. Dadurch fühlt sich der Roman fast wie ein inneres Tagebuch an: nachdenklich, poetisch, manchmal auch wütend, aber nie pathetisch.

Besonders gut gelingt Lai Wen der Spagat zwischen dem Persönlichen und dem Politischen. Die große Geschichte und die kleinen Biografien treffen hier direkt aufeinander – ohne erhobenen Zeigefinger, aber mit klarem Blick. Und ja, es ist stellenweise richtig berührend.

Der Stil ist ruhig und eher zurückgenommen, aber nicht langweilig. Er erinnert an den Erzählstil von jemandem, der viel gesehen und erlebt hat – und lieber genau hinschaut, als laut zu werden. Das hat was.

„Himmlischer Frieden” ist kein Pageturner im klassischen Sinn, sondern ein eindrucksvolles, stilles Buch, das lange nachwirkt. Es ist etwas für alle, die Literatur mögen, die etwas zu sagen hat, ohne gleich alles zu erklären.