Zwischen Schweigen und Rebellion

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
lesen24 Avatar

Von

Lai Wens Himmlischer Frieden ist kein Roman, der mit lauten Paukenschlägen beginnt – und genau das macht ihn so besonders. Die Geschichte von Lai, einem stillen Mädchen aus einem Pekinger Arbeiterviertel, entfaltet sich leise, beinahe beiläufig, und hinterlässt dabei tiefe Spuren. Die Autorin schafft es, mit klarer, eleganter Sprache eine Welt voller Kontrolle, Schweigen und gesellschaftlichem Druck zu zeichnen – ohne je ins Pathetische zu kippen.

Was mich besonders berührt hat, war, wie subtil Lai Wen Nähe aufbaut. Es sind die kleinen Szenen, die lange nachwirken. Der Roman spannt einen beeindruckenden Bogen – von der Kindheit der Protagonistin bis zu ihrer Ausreise nach Kanada im Jahr 1989, mit dem Tian’anmen-Massaker als emotionalem Höhepunkt. Die politische Dimension wird dabei nicht plakativ aufgearbeitet, sondern eingebettet in Lai's persönliche Erfahrungen, was sie umso greifbarer macht. Auch Lai selbst ist eine wunderbar gezeichnete Figur: schüchtern, feinfühlig, aber mit zunehmender Klarheit über sich selbst und die Welt um sie herum.

An einigen Stellen hätte ich mir eine etwas straffere Erzählweise gewünscht. Das Buch liest sich zwar größtenteils flüssig, doch manche Passagen wirken ein wenig zu ausgedehnt, was den Lesefluss gelegentlich bremst.