Eine magische Dystopie

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katrinb Avatar

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„Hinter der Hecke die Welt“ ist ein faszinierendes Buch, das uns in eine surreal-realistische Welt entführt. Der Roman spielt auf zwei Ebenen: Da ist zum einen die Arktisforscherin Dora, die auf einem Forschungsschiff das Abschmelzen des Eises dokumentiert, auf der andere Seite ist da das Dorf, in dem alles im Schwinden begriffen ist . Auch die beiden verbliebenen Kinder wachsen nicht mehr, anders als eine riesige, immer weiter wuchernde Hecke, die das Dorf dominiert und sowohl Faszination als auch Bedrohung ausstrahlt.
Die Autorin versteht es meisterhaft, die beiden Erzählstränge miteinander zu verknüpfen. Eine untergründige, mit Schrecken und diffusem Horror gemischte Spannung zieht sich durch den gesamten Roman, der mich von der ersten Seite an gefesselt hat.
Besonders gut hat mir die Mischung aus magischen Elementen und Fakten gefallen. Man merkt, wie gründlich die Autorin recherchiert hat. Die eingestreuten Geschichten über die jetzt ausgestorbene Bramble-Cay-Mosaikschwanzratte, die als erstes Opfer des Klimawandels identifiziert wurde, oder das Walross Freya, das sich in den Osloer Hafen verirrt hatte und schließlich getötet wurde, haben mich sehr betroffen und traurig gemacht.
Niemals gleitet die Autorin in eine belehrende oder moralisierende Tonart ab, sondern bewegt sich immer auf einer metaphorischen, poetischen Ebene. Der Klimawandel, die Verödung der Dörfer, das Verhältnis von Wachstum und Stillstand, die Frage nach der Zukunft der Menschheit – alles wird in dem Roman kunstvoll zu einem ganz außergewöhnlichen Leseerlebnis verwoben. Die Sprache der Autorin ist eindringlich und bildhaft und die Schilderungen der arktischen Landschaft sind von außergewöhnlicher Schönheit.
Fazit: Ein vielschichtiger Roman, der mit seinen starken Bildern und seiner eindringlichen Thematik noch lange nachhallt.