Die Suche ist das Ziel

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
emmmbeee Avatar

Von

Im Jahr 1970 plante der junge Paolo Coelho zusammen mit anderen Jugendlichen eine dreiwöchige Reise (Kostenpunkt: 100 Dollar) im "Magic-Bus" von Holland nach Nepal. Natürlich, denn Kathmandu war viele Jahre lang das Traumziel vieler Hippies. In Karla fand er eine gleichgesinnte Begleiterin. Mit einer bunten Schar von Blumenkindern machten sich die beiden im klapprigen Bus auf nach Nepal, wobei die Zwischenstation Istanbul für Coelho auch schon den Endpunkt bedeutete. Warum? Weil er glaubte, hier seine spirituelle Suche anders beginnen zu können. Auch ging es ihm nie um das Ankommen an einem bestimmten Ort, sondern um den Weg, den seine Suche nehmen sollte.
Jetzt, fast ein halbes Jahrhundert später, dürfen wir erfahren, dass dem Autor im Laufe seines jugendlichen Rebellentums Traumatisches widerfahren ist, das ebenso wie die beabsichtigte Reise in diesem seinem neuesten Roman verarbeitet wird. Die schweren Misshandlungen und die Zeiten in Haft hatten ihm grosse Angst vor der Polizei eingeprägt, selbst als er ins sehr offene, tolerante Holland einreiste. Wir lesen von den Repressalien während seiner Haft, von der Reise mit Karla, nicht zuletzt vom Hippiedasein und dessen geistigen Inhalten.
Mit seinem leicht bekömmlichen Stil könnte der Autor uns auch schwerere Kost servieren, und wir würden sie mit Begeisterung verschlingen. Mit einer gewissen Unschuld oder auch Naivität betrachtet er alles, was die unmittelbare Zukunft für ihn bringt – es kann ja nur besser werden. Manchmal allerdings scheinen mir die Schilderungen auszuufern, etwa wenn es um die Nebenfiguren geht. Stattdessen möchte man lieber mehr über den jungen Paolo erfahren. Coelho schreibt ganz bewusst nicht in der 1. Person, sondern in der 3., um jeder Person eine eigene Stimme zu geben. Immer wieder werden philosophische Betrachtungen beigemengt, in leicht verdaulichen Häppchen, wenn auch viele davon allzu sehr auf der Hand liegen und bereits in seinen anderen Werken zitiert worden sind. Hier liegt keine rasante, spannende Handlung vor, vielmehr ein geruhsames, spirituell-psychologisches Suchen von jungen Menschen mit viel Zeit.
Die Hippie-Zeit ist nie ganz untergegangen, sie hat noch immer ihre Anhänger. Gerade sie dürften sich über den vorliegenden Roman besonders freuen.