Klassische Krimihandlung in fantastischem SciFi-Setting: Tom Hillenbrand – Hologrammatica

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philipp.elph Avatar

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Klassisch: IT-Expertin verschwindet. Wurde sie entführt oder hat sie sich abgesetzt? Privatermittler erhält den Auftrag, sie zu finden, tappt dabei im Dunkeln auf der Suche nach der „Milchtüte“ und dem Motiv, gegen Ende löst er den Fall.

Fantastisch: In etwa 70 Jahren hat sich nicht nur unsere Umgebung verändert, auch die Welt und insbesondere wir. Das Faszinierendste aber ist, das diese Veränderungen ständig wechseln können. Per Holonet ist es möglich Hausfassaden, Skylines, unsere Kleidung mit unterschiedlichen Texturen zu versehen. Aber das ist nur der unbedeutende Teil, den Tom Hillenbrand beschreibt. Viel aufregender ist, dass Menschen sich für eine bestimmte Zeit in andere menschenähnliche Körper – Gefäße genannt – transferieren, in eine andere Persönlichkeit verwandeln können, zudem besteht die Möglichkeit, das Gehirn durch ein künstliches zu ersetzen.

Dieser Teil, oben als „fantastisch“ bezeichnet, ist lediglich die Basis dessen, was den Leser als SciFi-Setting in diesem Thriller erwartet.

Hillenbrands Vision ist derart abenteuerlich, das sie alles, was darum als Vermissung der IT-Expertin zu lesen ist, zunächst in den Hintergrund treten lässt. Aber zum Schluss erscheint sie wieder, die vermisste Person, in einer Form, die der Art der Geschichte gerecht wird.

Der Ermittler, Galahad Singh, leistet gute Arbeit. Er ist noch größtenteils jemand, den wir heute noch als Mensch bezeichnen. Er sieht die Welt mit unseren Augen und so können wir aus seiner Perspektive vieles erkennen und verstehen, was sich verändert hat, aber nicht alles. Es gibt Rätsel, die auf Ereignisse in den 40er Jahren dieses Jahrhunderts zurückgehen, sich aus heutiger Sicht also in rund 25 Jahren ereignen werden. Ein Zeitraum, den ein großer Teil der derzeitigen Bevölkerung vermutlich noch erleben werden. Und danach?

Schauen wir, was bis dahin – nennen wir es 2084 – passiert. Den Weg hat Tom Hillenbrand vorgezeichnet. In den 50ern des 20. Jahrhunderts war die Orwellsche Vision von 1984 kaum vorstellbar. In wesentlichen Teilen haben wir jenes Szenarium hinter uns gelassen oder leben nahezu unbeschwert darin. Hillenbrands 2084 scheint fern, aber mit den darin beschriebenen Möglichkeiten werde ich es zu dem Zeitpunkt bewerten können.

Es ist durchaus empfehlenswert, sich nicht nur mit dem Verschwinden der IT-Expertin zu beschäftigen, sondern auch mit dem Leben im Zeitalter von Hologrammatica.