Ein Feuerwerk-Ende

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marcello Avatar

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Von Riley Sager habe ich bislang noch nichts gelesen und tatsächlich ist mir der Name bislang auch noch nicht wirklich begegnet, aber ich fand das Cover und dazu den Klappentext dann doch so interessant, dass ich hier gerne mal zugegriffen habe und ich habe es zu keinem Zeitpunkt bereut.

Vielleicht habe ich es maximal am Anfang etwas bereut, aber tatsächlich passiert mir das bei jedem dritten Buch mindestens, dass ich etwas brauche, um in das Geschehen hineinzufinden, von daher hat mich der Einstieg bei „Hope’s End“ nun nicht verunsichert. Es sollte eben erstmal mehr zu Kit erzählt werden. Wir sollten sie besser als Figur kennenlernen und viel zu ihrer Geschichte hat eben auch große Bewandtnis, um dann im Umkehrschluss zu begreifen, warum sie aus welchen Gründen auf dem Anwesen Hope’s End so agiert. Wenn Kit dann aber als Pflegekraft an dem riesigen Anwesen direkt an der Küste ankommt, da geht es richtig los in der Geschichte und hiernach war es wirklich sehr schwer, sich noch von den Seiten zu lösen. Ich finde auch, dass es Sager gelungen ist, auf nahezu allen Ebenen eine spezielle Atmosphäre zu erzeugen. Die Figuren vor Ort haben genau die passende Mischung, die skeptisch macht. Allen voran Mrs. Baker und Archie, die Urgesteine des Anwesens, die Kit in dem akzeptieren, was sie beruflich zu leisten hat, aber sofort dichtmachen, wenn es um mehr geht. Dazu dann die Beschreibung des Anwesens, wo klar ist, dass es von außen immer noch beeindruckend wirken mag, aber überall auf dem Gelände und im Haus selbst sind die Spuren eines sinkenden Schiffs zu erkennen. In einem Haus leben zu müssen, das gefühlt jeden Moment ins Meer stürzen könnte, oh weh, definitiv kein Traum von mir. Letztlich sind es aber auch die Geschehnisse im Haus, die Kit in der Nacht den Schlaf rauben, die auch zur Atmosphäre beitragen. Da fällt es wirklich schwer, überhaupt noch etwas zu trauen.

Die Verbindung zu Kit ist da für uns Leser sicherlich am wichtigsten. Ihr konnte ich auch vertrauen, auch wenn ich nicht immer alles so wie sie gesehen habe. Es war schon beachtlich, wie sehr sie sich in die Geschehnisse von damals reingekniet hat, ich hätte trotz manches Mal gut ausgeprägter Neugierde wohl längst die Koffer gepackt. Aber Kit zieht ab einem bestimmten Punkt knallhart durch und ich musste manches Mal den Hut ziehen, dass sie wirklich sehr mutig, gewieft und auch clever ist. Die restlichen Figuren aber brauchen das spezielle Mysteriöse, vor allem auch Patienten Lenora. Auch wenn wir sie nur durch Kits Augen erleben, so war es dennoch sehr abwechslungsreich, wie sie beschrieben wurde. Dass ihr Geist hellwach ist, das war auf jeden Fall immer zu merken und es war ein ansprechendes Rätsel, wie viel sie vielleicht körperlich noch kann. Aber auch ansonsten war alles ein großes Rätsel. Ich wurde immer begieriger, dass wir auf die Lösung stoßen und die Mischung aus Geständnis von Lenora und Kits eigenen Forschungen hat gut durch die Geschichte getrieben. Irgendwann hatte ich dann doch eine entscheidende Idee, die sich dann tatsächlich bewahrheitet hat und erst dachte ich, oh je, sind aber noch knapp 100 Seiten, warum ist es so früh klar. Aber ich wurde zum Glück eines Besseren belehrt, denn in diesem Ende steckt ein WTF-Moment nach dem nächsten. Immer wenn man denkt, das war es doch jetzt, dann kommt doch noch was oben drauf. Ja, vielleicht waren es zwei, drei Enthüllungen zu viel, aber insgesamt kann ich da kaum böse sein, denn es war wirklich ein Erlebnis. Ich bewundere auch, wie viele Fäden noch zusammengeflochten wurden, ohne dass ich vorher gewusst hätte, dass es diese losen Fäden überhaupt gibt. Schon beeindruckend, welch facettenreiche Welt Sager geschaffen hat, ohne dass ich es auf Anhieb gemerkt hätte. Und dennoch war die Unterhaltung immer da. Hut ab dafür!

Fazit: „Hope’s End“ ist auf jeden Fall ein sehr empfehlenswertes Buch. Die angespannte und stellenweise auch gruselige Stimmung wird vielfältig erzeugt, aber auch die Stilistik treibt fast unbarmherzig durch das Geschehen. Das Ende ist aber das Prunkstück, so viele Enthüllungen, so viel noch zu entdecken, vielleicht etwas viel, aber besser zu viel als zu wenig ist hier das Motto.