Drama mit zu viel Drama

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Ein Roman über die Geschichte eines jungen Mannes, der zwischen familiären Konflikten, Gewalt und einer von Perspektivlosigkeit geprägten Umgebung aufwächst. Hin und hergerissen zwischen seiner Heimat in der Türkei und seinem Leben in Berlin. Die Handlung ist von Anfang an von einer brutalen Direktheit bestimmt: Es geht um kaputte Beziehungen, Enttäuschungen, Alkohol, Aggressionen und den ständigen Versuch, sich in einer feindlichen Welt durchzuschlagen. Hoffnung gibt dem Protagonisten nur die Aussicht, in einigen Tagen seiner ersten großen Liebe wieder zu begegnen.

Ein zentrales und durchaus spannendes Motiv in Hundesohn ist die Auseinandersetzung des Protagonisten mit seiner Herkunft und der Muttersprache, die für ihn zugleich Wurzel und Bürde ist. Die Beziehung zur Mutter – und zur „Muttersprache“ im wörtlichen wie im übertragenen Sinn – durchzieht den Text als Konflikt. Immer wieder stößt die Hauptfigur auf das Gefühl, nicht dazuzugehören: weder in der Sprache noch in der Gesellschaft, die ihn auf seine Herkunft reduziert. Sprache erscheint hier nicht als verbindendes Medium, sondern als Bruchlinie. Die Muttersprache wird mit Scham und Entfremdung aufgeladen, sie klingt fremd im Alltag des Protagonisten und ruft Erinnerungen hervor, die er gleichzeitig ablehnt und vermisst.

Damit wird deutlich: Hundesohn verhandelt ein wichtiges Thema, das viele Leser mit migrantischem Hintergrund nachvollziehen können – die Entfremdung von Sprache, die zugleich Schlüssel zur Herkunft und Stolperstein im Alltag ist. Doch auch hier dominiert die Schärfe, der Trotz, das „Gegen alles“ – auf Kosten der Zwischentöne, die das Drama dieser Identitätssuche greifbarer gemacht hätten.