Im Zwischenraum

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wortteufel Avatar

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Hundesohn ist kein Roman, den man einfach liest – er trägt einen, taumeln lässt er einen, irgendwo zwischen Lyrik und Prosa, zwischen Atemholen und Sprachlosigkeit. Ozan Zakariya Keskinkılıç erzählt keine klassische Liebesgeschichte, sondern öffnet ein literarisches Feld, in dem zentrale Fragen unserer Gegenwart verhandelt werden: Wo liegt Heimat? Was bedeutet Zugehörigkeit? Wie prägen Rassismus, Homophobie und Religion das eigene Leben? Welche Rolle spielen Familie und Freundschaft, wenn die Brüche und Wunden der Welt an einem zerren?

Was mich besonders beeindruckt hat, ist die Verbindung von analytischer Schärfe und poetischer Sprachgewalt. Keskinkılıç gelingt es, Intellekt und Emotion zu verweben, sodass jede Seite zugleich schneidet und tröstet. Der Text erinnert mich an die Intensität großer Namen wie Ocean Vuong – dieses changierende Erzählen, das immer mehr ist als eine private Geschichte, weil es die Gegenwart selbst seziert.

Hundesohn ist radikal, verletzlich, voller Sehnsucht und Widerstandskraft. Ein Buch, das einen lange nicht loslässt, weil es über Grenzen von Ländern, Sprachen, Körpern hinweg von der elementaren Frage erzählt: Wer bin ich, und wo darf ich ganz ich selbst sein?