Was passiert, wenn eine Gesellschaft unter dem Vorwand des Schutzes vom Lesen abgehalten wird?

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mrscatastrophy Avatar

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Ich bin positiv überrascht von der Leseprobe. Erst hatte ich etwas Sorge, dass die Geschichte sich sehr stark an Tintenerz orientieren würde - mächtige Worte, die zur Realität werden, sind schließlich gerade in dieser Buchserie zentral. Stattdessen wird eine Gesellschaft gezeichnet, in der das schriftliche Wort verboten ist, da es Menschen gibt, deren Geschriebenes wahr wird - oder, im Fall der Protagonistin, deren Gesticktes wahr wird. Sie lebt - ein bisschen erinnert mich das an Panem - in einem Gebiet, das von Dürre befallen ist und nur wenig Überschüsse abwirft, die an die Barden abgegeben werden können. Das ganze verbindet sich mit der Geschichte über einen Fluch, eine Krankheit, die durch Tinte und geschriebene Worte verbreitet wird - weshalb Tinte verboten ist, zum Schutz der Bevölkerung so scheint es. Doch wie viel Schutz ist es, wenn bestimmte Gebiete im Elend leben, obwohl die Barden diesen durch Beschwörungen bspw. Regen bescheren würden? Was bedeutet es für eine Gesellschaft, wenn Lesen verboten wird, wenn das Geschichtenerzählen unter Strafe steht? Es wird ja bereits angedeutet, wie gefährlich abergläubische Ideen für die einzelnen Dorfbewohner*innen sein können, insbesondere die, die ihnen zum Opfer fallen.
Die Leseprobe und der Klappentext lassen darauf schließen, dass hinter der ganzen Geschichte auch einige Lügen durch die Barden und das herrschende Regime stecken - in jedem Fall klingt das nach einer spannenden Mischung aus Fantasy mit einer politischen Diagnose.
Die Protagonistin ist mir sehr sympathisch und scheint eine Gabe zu haben, die über geschriebene, lebendig werdende Worte noch hinausgeht. Insbesondere in einer bisher relativ patriarchal dargestellten Welt würde es mich deshalb auch aus feministischer Sicht interessieren, wie ihre Geschichte weitergeht und wie sie sich zur Wehr setzt.
Daher würde ich mich sehr freuen, das Buch lesen zu dürfen.