Einfach sehr amüsant und unterhaltsam

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marieon Avatar

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Leonie hat ihren letzten Arbeitstag. Zum Dank für die denkenswerte Zeit hat sie ihrem Vorgesetzten ein ganz bestimmtes Abschiedsgeschenk bereitet. Sie hat Kressesamen eingeweicht, bis sie schön schleimig geworden sind. Im Büro des Chefs holt sie den Glibber mit einem Esslöffel aus dem Gefrierbeutel und schmiert ihn auf Leitz-Ordner, Tastatur, Mousepad und den kleinen Stoffbären, mit dem Herta-BSC-Trickot auf der Fensterbank.

Ihre Kisten waren schon gepackt, die Bücher auf die umliegenden öffentlichen Bücherschränke verteilt, das Internet hatte sie abgemeldet. Im Flughafen, auf dem Weg zu den Philippinen erreicht sie eine Mail. Er sehe davon ab, die Behörden einzuschalten, aber sie werde in dieser Branche nie wieder einen Fuß auf die Erde kriegen, dafür werde er sorgen. Und sie hatte so gerne in der Pflanzengenetik gearbeitet, allerdings nicht bei Mosweti (erinnert an Monsanto), nicht mit genmanipuliertem Mais und nicht mit einem brüllenden Zentauren.

Vier Monate war sie unterwegs gewesen und hatte gedacht, nun sei Gras über die Kresse gewachsen. Nun jedoch saß sie in ihrem ehemaligen Kinderzimmer auf dem Bett und schrieb unzählige Bewerbungen, die fast alle unbeantwortet blieben. Ihr Ex-Chef hielt, was er versprochen hatte. Hier in Bocholt, gleich neben ihren streitenden Eltern wird sie versinken, also rafft sie sich auf und zieht nach München. Eine hochpreisige möblierte Absteige ist schnell gefunden und am Staatsmuseum für Zoologie suchen sie jemanden, der Ordnung in die Exponate bringt. Von Flora zu Fauna, ein Versuch ist es wert.

Fazit: Julia Bähr hat eine absolut aktuelle, humorvolle Geschichte über junge Frauen, die unabhängig bleiben wollen, geschaffen. Vier Frauen versuchen im kleinbürgerlichen, versnobten München dem Kapitalismus ein Schnippchen zu schlagen und auf unkonventionelle Weise Geld zu verdienen. Die Protagonistin schmeißt ihren gut bezahlten Job hin, weil sie den Zeitdruck und ihren cholerischen Vorgesetzten nicht mehr erträgt, der ihre Forschungsarbeit für seine ausgibt. Im teuren München lernt sie drei augenscheinlich sehr erfolgreiche Frauen kennen, die sie zunehmend in ihre Clique aufnehmen. Nach und nach lernt sie ganz neue Seiten an sich kennen und kommt in den Genuss von echter Frauenfreundschaft, die ihr zuvor nie beschieden war. Die Autorin hat einen feinen Sinn für Humor, lässt Selbstironie und Situationskomik mit einfließen und hat mich an zahlreichen Stellen zum Lachen gebracht. Das ist frisch, frech, amüsant und so unterhaltsam.