Fressen oder Gefressen werden!
Der neueste Roman der Autorin und Journalistin Julia Bähr setzt bereits mit seinem Titel ein klares Statement. Im Deutschen steht „hustle“ für starke Anstrengungen, die jemand unternimmt, um Ziele zu erreichen, aber auch für eine negative Konnotation im Sinne von „illegale Machenschaften“. Genau dieser Doppeldeutigkeit konnte ich mich nicht entziehen – sie hat mich sofort angesprochen. Ähnlich erging es mir mit dem Cover: Die junge Frau darauf zieht die Augenbraue leicht süffisant hoch, wirkt dabei etwas distanziert und trotzdem interessiert.
Leonie ist eine junge, lebendige Frau anfang dreißig. Doch ihr Leben gerät bereits ins Wanken. Ihren verhassten Job und den tyrannischen Chef will sie endgültig hinter sich lassen und das tut sie filmreif mit einer frechen Racheaktion. Diese bleibt nicht ohne Folgen, sodass sie ihren Wahlberuf nicht weiter ausüben kann. Nachdem sie es in ihrem alten Kinderzimmer und bei den ständig streitenden Eltern in Bocholt nicht mehr aushält, braucht sie eine Veränderung.
Sie beginnt neu in München, einer Stadt, in der man nur mit ausreichenden finanziellen Rücklagen wirklich überleben kann. Schon bald wird ihr klar, dass selbst ihr neuer Job nicht ausreicht, um in München (gut) leben zu können.
Zu ihrem Glück findet sie Anschluss bei drei Frauen, die scheinbar genau wissen, wie sie sich ihren gewünschten Lebensstil dennoch ermöglichen können.
„Wenn Dreistigkeit und Tricksen zum Münchner Lokalkolorit gehörten, dachte Leonie, konnte sie hier noch einiges lernen.“ (Seite 131)
Dass Leonie gerne und bewusst gesellschaftliche sowie rechtliche Grenzen überschreitet, erweist sich nun endlich als klarer Vorteil.
Was ich an „Hustle“ besonders mochte, waren die sozialkritischen Einschübe. Städte wie München, Düsseldorf oder Hamburg werden zunehmend unbezahlbar.
Halbwegs bezahlbare Wohnungen sind häufig stark renovierungsbedürftig, mit Schimmel befallen und müssen oft mit mehreren Mitbewohnern – menschlicher und tierischer Art, wie etwa Kakerlaken – geteilt werden.
Kleine, inhabergeführte Geschäfte verschwinden immer mehr.
Die Gentrifizierung, der Prozess, bei dem durch die Aufwertung ganzer Wohnviertel immer mehr einkommensschwächere Bevölkerungsgruppen durch wohlhabendere Bewohner verdrängt werden nimmt immer mehr zu.
Die Autorin schafft es, diese schweren und zermürbenden Themen gekonnt einzuflechten und durch ihren leichten, sarkastischen Schreibstil besonders hervorzuheben.
„Wir leben in einer Stadt, in der Menschen mit normalen Jobs die Lebenserhaltungskosten nicht decken können. Und politisch interessiert das niemanden. Da ist Klauen doch für viele die einzige Lösung.“ (Seite 121)
Der Einstieg ins Buch fiel mir jedoch schwer, da mir die gewählte Erzählweise nicht vollständig zusagte. Für ein intensiveres Leseerlebnis hätte ich die Ich-Erzähler-Perspektive bevorzugt, da ich so eine engere Verbindung zu Leonie gehabt hätte.
Dadurch wirkte sie auf mich noch etwas distanziert.
Dies stellt vermutlich auch die größte Schwäche des Romans dar: Die Figuren bleiben oberflächlich, klischeehaft und gefangen in stereotypen Rollen. Hier hätte ich mir deutlich mehr Charaktertiefe gewünscht. Leonie und ihre Freundinnen handeln zwar mutig und unkonventionell, doch eine tiefere psychologische Ausarbeitung hätte ihnen mehr Ausdruckskraft ebenso wie Mehrschichtigkeit verliehen und die Erzählung insgesamt bereichert.
Mein Fazit bleibt daher ein durchwachsenes.
Julia Bährs Roman „Hustle“ verbindet prekäre gesellschaftskritische Themen mit einer freche Hauptfigur. Allerdings blieb mir trotz der vielversprechenden Ansätze die Charakterzeichnung zu oberflächlich, was der Geschichte etwas an Tiefe nimmt.
Dennoch besticht der Roman durch seinen sarkastischen Ton und seinen scharfen Blick auf das Leben in Großstädten. Das Erzähltempo ist stets flüssig und durch die kurzen Kapitel auch zügig, sodass die Handlung lebendig bleibt und die verschiedenen Themen geschickt miteinander verflochten werden
Es bleibt den Lesenden überlassen, ob sie über diese Schwächen hinwegsehen können.
Leonie ist eine junge, lebendige Frau anfang dreißig. Doch ihr Leben gerät bereits ins Wanken. Ihren verhassten Job und den tyrannischen Chef will sie endgültig hinter sich lassen und das tut sie filmreif mit einer frechen Racheaktion. Diese bleibt nicht ohne Folgen, sodass sie ihren Wahlberuf nicht weiter ausüben kann. Nachdem sie es in ihrem alten Kinderzimmer und bei den ständig streitenden Eltern in Bocholt nicht mehr aushält, braucht sie eine Veränderung.
Sie beginnt neu in München, einer Stadt, in der man nur mit ausreichenden finanziellen Rücklagen wirklich überleben kann. Schon bald wird ihr klar, dass selbst ihr neuer Job nicht ausreicht, um in München (gut) leben zu können.
Zu ihrem Glück findet sie Anschluss bei drei Frauen, die scheinbar genau wissen, wie sie sich ihren gewünschten Lebensstil dennoch ermöglichen können.
„Wenn Dreistigkeit und Tricksen zum Münchner Lokalkolorit gehörten, dachte Leonie, konnte sie hier noch einiges lernen.“ (Seite 131)
Dass Leonie gerne und bewusst gesellschaftliche sowie rechtliche Grenzen überschreitet, erweist sich nun endlich als klarer Vorteil.
Was ich an „Hustle“ besonders mochte, waren die sozialkritischen Einschübe. Städte wie München, Düsseldorf oder Hamburg werden zunehmend unbezahlbar.
Halbwegs bezahlbare Wohnungen sind häufig stark renovierungsbedürftig, mit Schimmel befallen und müssen oft mit mehreren Mitbewohnern – menschlicher und tierischer Art, wie etwa Kakerlaken – geteilt werden.
Kleine, inhabergeführte Geschäfte verschwinden immer mehr.
Die Gentrifizierung, der Prozess, bei dem durch die Aufwertung ganzer Wohnviertel immer mehr einkommensschwächere Bevölkerungsgruppen durch wohlhabendere Bewohner verdrängt werden nimmt immer mehr zu.
Die Autorin schafft es, diese schweren und zermürbenden Themen gekonnt einzuflechten und durch ihren leichten, sarkastischen Schreibstil besonders hervorzuheben.
„Wir leben in einer Stadt, in der Menschen mit normalen Jobs die Lebenserhaltungskosten nicht decken können. Und politisch interessiert das niemanden. Da ist Klauen doch für viele die einzige Lösung.“ (Seite 121)
Der Einstieg ins Buch fiel mir jedoch schwer, da mir die gewählte Erzählweise nicht vollständig zusagte. Für ein intensiveres Leseerlebnis hätte ich die Ich-Erzähler-Perspektive bevorzugt, da ich so eine engere Verbindung zu Leonie gehabt hätte.
Dadurch wirkte sie auf mich noch etwas distanziert.
Dies stellt vermutlich auch die größte Schwäche des Romans dar: Die Figuren bleiben oberflächlich, klischeehaft und gefangen in stereotypen Rollen. Hier hätte ich mir deutlich mehr Charaktertiefe gewünscht. Leonie und ihre Freundinnen handeln zwar mutig und unkonventionell, doch eine tiefere psychologische Ausarbeitung hätte ihnen mehr Ausdruckskraft ebenso wie Mehrschichtigkeit verliehen und die Erzählung insgesamt bereichert.
Mein Fazit bleibt daher ein durchwachsenes.
Julia Bährs Roman „Hustle“ verbindet prekäre gesellschaftskritische Themen mit einer freche Hauptfigur. Allerdings blieb mir trotz der vielversprechenden Ansätze die Charakterzeichnung zu oberflächlich, was der Geschichte etwas an Tiefe nimmt.
Dennoch besticht der Roman durch seinen sarkastischen Ton und seinen scharfen Blick auf das Leben in Großstädten. Das Erzähltempo ist stets flüssig und durch die kurzen Kapitel auch zügig, sodass die Handlung lebendig bleibt und die verschiedenen Themen geschickt miteinander verflochten werden
Es bleibt den Lesenden überlassen, ob sie über diese Schwächen hinwegsehen können.