Stil ja, story naja

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majca_ Avatar

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3.5 ★
Mir hat der Schreibstil von Julia Bähr ausgesprochen gut gefallen; die nüchterne Beobachtungen, die trockene Ironie, die mitunter groteske Absurdität. Präzise, lakonisch, mit feinen Zwischentönen. Ebenso gefällt mir die Art, wie sie soziale Schrägheiten von Menschen beobachtet, die nicht ganz in ihre Umgebung passen.

Aber ich bin irritiert. Denn weder Handlung noch Charakterentwicklung führen irgendwo hin. Und zwar in einem Ausmaß, dass ich am Ende mit sprichwörtlichen Fragezeichen über dem Kopf dasaß. Die Geschichte läuft auf einen vermeintlichen Höhepunkt zu, der sich im Rückblick als folgenlos erweist. Ein weiterer Handlungsstrang wird ebenso beiläufig abgewickelt. Am Ende hat die Hauptfigur sowohl charakterlich als auch auf der Ebene ihres Lebens (Job, Situation, Haltung) nur marginal Entwicklung durchlebt, sodass ich mich nur fragen kann warum das alles?
Auch dass ihr Name erst relativ spät im Buch überhaupt genannt wird, war befremdlich. Vielleicht eine bewusste Entscheidung um die beobachtenden Instanz der Figur zu betonen, aber es verstärkt letztlich nur das Gefühl, dass weder Leonie, noch das Buch so recht wussten wo hin mit sich.

Sicherlich greift der Roman gesellschaftliche Themen auf; Lebenshaltungskosten, Gentechnik, Immobilienkrise und ähnliche Felder. Doch nicht tief genug, um über den fehlenden roten Faden hinwegzutäuschen.

Vielen Dank an netgalley und Pola für ein Rezensionsexemplar. Alle Meinungen sind meine eigenen.