Von der Unendlichkeit der Selbstfindung

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dionyreads Avatar

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Das Buch lässt mich mit sehr ambivalenten Gedanken zurück. Ich hab viele Pluspunkte, es ist einfach gut geschrieben, aber dennoch bin ich underwhelmed.
Der Schreibstil war für mich eine 10/10, flüssig, anschaulich, sarkastisch-humorvoll, ohne lächerlich zu wirken. Ebenso die Charaktere: authentisch, abwechslungsreich, bissi Queerness. Figuren sowie Situationen waren alle sehr nachvollziehbar. Man erkennt sich darin, nicht nur oberflächlich, sondern auch mit seinen reflektierenden Gedanken.
Generell hab ich mich ganz gut unterhalten gefühlt. Es liest sich gut weg, ist so gesehen nicht langweilig - aber halt auch irgendwie null spannend. Dabei hätten die Plotpoints Potenzial gehabt. Aber es entwickelt sich einfach nichts daraus. Keine Spannung, keine Konsequenzen. Die Kriminalität läuft so nebenher und macht nur minimal Probleme. Female Rage im Ansatz erahnbar. Die Protagonistin reflektiert zwar viel und öffnet Fragen, aber es wird nie wirklich was beantwortet. Gerade nach dem Sticker auf dem Cover "Bildet Banden und lest dieses Buch" hab ich irgendwie mehr Revolution erwartet. Klar, sie macht ihr Ding, sie dribbeln irgendwie ums System rum, aber relativ emotionslos und ohne Knall. Mir fehlte in der Geschichte einfach der Fokus, eine Motivation, ein Spannungsbogen. Es endet auch einfach mitten in einer Szene, ohne Konklusion. Vielleicht ist das die Moral. Wir alle sind nur kleine Lichter. Manche Sachen im Leben sind interessant, andere nicht, aber schließlich eh nichts besonderes. Wenn das die Philosophie ist, macht mich das echt traurig. Und es hätte eben das Potenzial gehabt, um meine Erwartungen zu erfüllen. Vielleicht bin ich deshalb etwas enttäuscht. Um jetzt hier nicht zu negativ zu werden, nochmal: Es ist gut geschrieben, es ist locker-flockig zu lesen, kein harter Tobak und mit viel Identifikationspotenzial. Inhaltlich ist es eben einfach Slice-of-Life mit bisschen illegal.